
Klaus-Peter Rimpel war schon als Jugendlicher von Büchern begeistert. Und so war es nur folgerichtig, dass er nach mehreren Stationen 1979 seine eigene Buchhandlung eröffnete. Er wurde zum Inbegriff des Buchhändlers, der eng mit seinem Kiez verbunden ist.
Ich wurde 1949 geboren und kam ursprünglich von der Insel Sylt nach Berlin, weil ich nicht zur Bundeswehr wollte. Meine Lehre zum Elektriker habe ich abgebrochen. Dann bin ich also hierher gekommen, 1967 nach Berlin. Gleich den Kudamm rauf und runter gehend, neugierig, sah ich einen Menschenauflauf. Und schon bekam ich einen Knüppel auf den Kopf, eine Demonstration. Das hat mich dann nachhaltig befördert. Ich kam ja nach Berlin mit Tucholsky im Gepäck, General, General, wag’s nicht doch einmal.
Damals habe ich eine Weile in Moabit gewohnt, Perleberger Straße. Da habe ich gesehen, dass hier gar nichts ist mit Büchern. Außer zwei Buchhandlungen, die aber nicht so prickelnd waren. Es gab in den 70ern nur zwei, drei Galerien, die sich wahrlich bemüht haben, Kultur reinzubringen. Ich wollte dann hier eine Buchhandlung eröffnen, gegenüber vom Gericht. Aber keine juristische Buchhandlung.
Erstmal aber machte ich eine abgebrochene Ausbildung in Neukölln. Mein Lehrherr hatte einen anderen Lehrling mit einem Buckel und meinte, den könne man ja nicht vorn hin stellen. Ich sagte, weil der Lehrherr sehr dick war: Sie haben ja auch einen Buckel vorne. Da war ich dann raus.
Danach habe ich im KaDeWe die Taschenbuchabteilung aufgebaut, dann hat mich Wertheim abgeworben und danach war ich zehn Jahre lang in Zehlendorf in der Ladenpassage im Buchladen als Sklave tätig.
1979 habe ich in der Turmstraße 4 die Dorotheenstädtische Buchhandlung gegründet, gleich auch mit Veranstaltungen. Das gehörte von Anfang an zum Konzept. Nach der Wende bin ich dann hier ins Nebenhaus gezogen. Heute haben wir noch eine Filiale in Spandau. Wir betreiben das alles zusammen, meine Frau und meine beiden Söhne. Wir sind der kleinste Familienkonzern Berlins.
Was das Konzept betrifft, haben wir ein paar Schwerpunkte. Viel Berlin, viel Kriminalität, ein bisschen Rechtsliteratur. Ansonsten ein ganz normales Sortiment, aber nicht so glattgebügelt, wie gewisse Ketten es sind. Für die Lesungen lade ich ja immer Menschen ein, die nicht so Mainstream sind. Heinz Knobloch zum Beispiel war alle paar Monate hier und hat gelesen.
Ich habe immer ein bisschen das Gegenteil davon gemacht, was gerade der Trend war. Und auch darauf geachtet, dass Sachen da sind, die sonst kaum in Buchhandlungen angeboten werden. Oder auch die Veranstaltungsreihe “Erzähltes Leben”, da haben Moabiterinnen und Moabiter eben etwas aus ihrem Leben vorgestellt. Und natürlich die “Moabiter Kriiminale”, in der schon viele Autorinnen und Autoren gelesen haben.
Ich finde, das Soziale, Politische und Kulturelle gehört ja zusammen. Und wenn man in Moabit ist, muss man sich auch hier einbringen. Wie zum Beispiel nach einer Lesung von Heinz Knobloch über die Sekretärin von Rosa Luxemburg, “Meine liebe Mathilde”. Zusammen mit Jörn Jensen haben wir überlegt, ob es denn möglich ist, den Platz vor dem Rathaus Tiergarten umzubenennen. Ich wollte auch die Thusnelda-Allee nach Clara Zetkin benennen, was aber nicht geklappt hat. Wir haben dann eine “Initiative für Mathilde” gegründet und Geld gesammelt. Da kam viel zusammen, selbst arme Rentnerinnen haben 5 Mark gegeben. Es ging dann spannend weiter: Die CDU war natürlich dagegen, das hat uns sehr geholfen, denn dadurch wurde es bekannt. Das Prager Tagblatt hat berichtet, dann eine dänische Tageszeitung und schließlich auch der Tagesspiegel. Dann kam der BVV-Beschluss, natürlich gegen die Stimmen der CDU und 1997 wurde der Platz nach Mathilde Jacob benannt.
Warum überhaupt Moabit? Die Mischung hier fand ich von Anfang an gut. Aber es hat sich immer wieder gewandelt. Ich fand es immer sehr schön. Auch wenn ich nicht mehr in Moabit wohne, aber ich bin schon immer eng damit verbunden. Wenn ich mal nicht mehr bin, wird sicher einer meiner Söhne die Buchhandlung weiterführen. Beide arbeiten ja schon hier und in der Filiale in Spandau.