So geht es nicht mehr weiter!

MOABIT HILFT fordert weit­rei­chende Lösun­gen von den poli­tisch Verant­wort­li­chen für den kata­stro­pha­len Zustand am LAGeSo

Fami­lien mit Babys liegen auf kaltem Beton, Menschen ohne Unter­kunft irren durch die Stadt, schla­fen jede Nacht woan­ders oder unre­gis­triert in Zelten, in Parks oder bei Bekann­ten in über­füll­ten Wohnun­gen. Sie werden von Hostels trotz amtli­chem Unter­brin­gungs­schein nicht mehr aufge­nom­men oder nach weni­gen Tagen wieder vor die Tür gesetzt. Aufgrund großer Zahlungs­rück­stände und wirt­schaft­lich unzu­mut­ba­rer Zahlungs­ziele. Vom Senat einge­rich­tete Notun­ter­künfte weisen die geflüch­te­ten Menschen ab.

Entge­gen aller Behaup­tun­gen und Mutma­ßun­gen durch Poli­tik und Medien orga­ni­sie­ren, kochen, sortie­ren, behan­deln, pfle­gen, bespa­ßen, infor­mie­ren, betreuen, beglei­ten, trös­ten, trans­por­tie­ren, akti­vie­ren die ehren­amt­li­chen Unterstützer/innen der Bürger­initia­tive „Moabit hilft“ nach wie vor am LAGeSo. Und das oft 15 Stun­den am Stück, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche. Unent­gelt­lich.

Entge­gen aller Behaup­tun­gen seitens der Poli­tik und Verwal­tung ist gar nichts gut. Die Struk­tu­ren des LAGeSo sind intern bereits zusam­men­ge­bro­chen. Die ehren­amt­li­chen Helfer/innen verhin­dern noch größe­res Chaos und mana­gen seit Wochen mit einem großen Kraft­auf­wand den Ausnah­me­zu­stand auf dem Gelände. Tagtäg­lich kommen bis zu 500 in die Turm­straße 21, um sich regis­trie­ren zu lassen. Die verzwei­fel­ten, warten­den Menschen werden Tag für Tag immer verzwei­fel­ter und der Winter steht vor der Tür. Nach­weis­lich warten die Menschen vom Zeit­punkt des Anstel­lens für eine Nummer zur Regis­trie­rung bis zur Ausgabe der ersten Unter­la­gen bis zu 57 Tagen. Jeden Tag, fast zwei Monate!

„Moabit hilft“ klagt die Senats­ver­wal­tung an:

Beson­ders Schutz­be­dürf­tige blei­ben unver­sorgt, das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz bleibt über Wochen unbe­rück­sich­tigt. Wenig bis gar kein Geld, keine Kran­ken­ver­sor­gung, mangel­haf­tes Essen und noch schlech­tere Infor­ma­ti­ons­po­li­tik. Die Folge ist ein kata­stro­pha­ler Ausnah­me­zu­stand.

Vom LAGeSo und der Senats­ver­wal­tung für GESUND­HEIT UND SOZIA­LES nicht versorgt werden: Hoch­schwan­gere Frauen, alte, gebrech­li­che Menschen, schwer­be­hin­derte. Trans­gen­der, Menschen, die post-opera­tiv bzw. post­trans­plan­ta­tiv versorgt werden müss­ten, mit Lungen­ent­zün­dung, Muko­vis­zi­dose oder Tuber­ku­lose. Schwer trau­ma­ti­sierte Menschen.

Entge­gen aller Ankün­di­gun­gen seitens des Senats sind seit Wochen keine mobi­len Teams in den Notun­ter­künf­ten unter­wegs, um die Regis­trie­rung vor Ort vorzu­neh­men und die Situa­tion am LAGeSo als Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung zu entlas­ten. Effek­tiv werden maxi­mal 250 Regis­trie­run­gen am Tag vorge­nom­men. Die Folge: Menschen schla­gen um sich, drän­gen und tram­peln, um eine der begehr­ten Warte­num­mern zu ergat­tern.

Mangelnde bis gar keine Unter­stüt­zung der ehren­amt­li­chen Unterstützer/innen

Ehren­amt­li­che Helfer/innen sind weiter­hin nur Gäste, werden gedul­det, aber in keins­ter Weise von offi­zi­el­ler Seite unter­stützt. Trotz­dem sie nirgends mehr entbehr­lich sind, weder am LAGeSo noch in den Notun­ter­künf­ten. Wo immer auch Menschen stran­den, aufgrund der staat­li­chen Igno­ranz und Verwei­ge­rungs­hal­tung.

Es gibt keine perso­nelle Unter­stüt­zung durch LAGeSo und/oder Senat zur Versor­gung der tage- und wochen­lang anste­hen­den geflüch­te­ten Menschen außer der Lebens­mit­tel­ver­sor­gung durch einen Kran­ken­haus­ca­te­rer.

Weder LAGeSo noch Senat gewähr­leis­ten eine medi­zi­ni­sche Versor­gung der Menschen vor Ort, die über die seit Mona­ten vor Ort aufge­baute ehren­amt­li­che Infra­struk­tur an Ärzt/innen, Helfer/innen und Hebam­men hinaus­geht. Mit ande­ren Worten: Es gibt keine offi­zi­elle medi­zi­ni­sche Versor­gung. Statt­des­sen: Behin­de­rung der frei­wil­li­gen Unter­stüt­zung durch inter­nes Verwal­tungs­chaos (siehe Versor­gung mit Medi­ka­men­ten).

Es gibt von „Moabit hilft“ eine öffent­lich einseh­bare, täglich ange­passte Bedarfs­liste von drin­gend benö­tig­ten Gütern. Weder LAGeSo noch Senat stel­len irgend­wel­che Güter zur Verfü­gung, nicht eine Decke, nicht ein Regen­pon­cho, nicht eine Windel.

Weder LaGeSo noch Senat bieten den Ehren­amt­li­chen Versi­che­run­gen zu ihren Tätig­kei­ten an.

Ehren­amt­li­che müssen aufgrund der ange­spann­ten Situa­tion vom LAGeSo-Gelände abge­zo­gen werden. Es findet keine Dees­ka­la­tion seitens des LAGeSo statt.

Der ehren­amt­li­che Verein „Freunde der Jugend und Fami­lie e.V.“, der seit mehre­ren Wochen mit ca. 800‑1500 warmen Abend­essen pro Tag die Versor­gung der ganz­tä­tig Warten­den ermög­licht, wird beim Vete­ri­när­amt von einem großen Cate­rer ange­zeigt und ausge­boo­tet.

Menschen­un­wür­dige Zustände auf dem LAGeSo-Gelände

Ein vier­jäh­ri­ges, entkräf­te­tes Klein­kind wird leblos im Gebäude aufge­fun­den und 20 Minu­ten lang reani­miert. Es war tage­lang zum Warten gezwun­gen.

Ein Mann wurde beim morgend­li­chen Einlass über­rannt, schwer verletzt und musste reani­miert werden. Fast jeden Morgen werden Geflüch­tete nieder­ge­tram­pelt und verletzt bei dem Versuch im LAGeSo vorge­las­sen zu werden.

Es gibt keine von der Senats­ver­wal­tung orga­ni­sierte Anlauf­stelle für nachts ankom­mende Flücht­linge. Für am Wochen­ende ankom­mende Flücht­linge gibt es keinen Zugang zu Notun­ter­künf­ten, nicht einmal für Fami­lien, geschweige denn zu medi­zi­ni­scher und huma­ni­tä­rer Versor­gung. Ohne frei­wil­lige Helfer/innen und private Unter­künfte blei­ben viele hundert Menschen ohne Obdach, ohne Verpfle­gung, nur mit einer öffent­li­chen Toilette gegen 50 Cent in der Umge­bung des LAGeSO.

Ein Kind mit Muko­vis­zi­dose soll in eine Grup­pen­un­ter­kunft. Die Über­lei­tung in eine Unter­kunft für beson­ders Schutz­be­dürf­tige zieht sich Wochen hin, obwohl dies lebens­ge­fähr­lich für das Mädchen ist. Eine Infek­tion zusätz­lich zu diesem Krank­heits­bild kann binnen einer Stunde zum Tod führen.

Eine suizi­dale, schwerst kata­to­ni­sche Frau mit zwei Kindern, deren Säug­ling auf der Über­fahrt ins Meer gewor­fen wurde, weil es schrie, wird erst nach einer Warte­zeit von neun Tagen auf Druck und mehr­fa­cher Inter­ven­tion der ehren­amt­lich arbei­ten­den Medi­zi­ner als Härte­fall bear­bei­tet.

Eine syri­sche Fami­lie mit drei Kindern (3 Monate, 2 Jahre und 5 Jahre) wird aus der Unter­kunft Motard­straße trotz Kosten­über­nahme des LAGeSo wegge­schickt. Der Betrei­ber verwei­gert eine Aufnahme, da sie über­be­legt sind. Die Ausstel­lung einer neuen Kosten­über­nahme durch das LAGeSo wird wochen­lang verwei­gert.

Ein tsche­tsche­ni­scher, schwerst körper­be­hin­der­ter Fami­li­en­va­ter wird trotz ärzt­lich beschei­nig­ter Reise­un­fä­hig­keit nach Eisen­hüt­ten­stadt umver­teilt. Seine 14-jährige Toch­ter hat einen Herz­feh­ler, der vorerst unbe­han­delt bleibt, da das ange­setzte MRT nur in Berlin durch­ge­führt werden kann. Trotz beson­de­rer Schutz­be­dürf­tig­keit wird die Umver­tei­lung nicht ausge­setzt.

Die Senats­ver­wal­tung und ihre nach­ge­ord­ne­ten Behörde (LAGeSo) versa­gen auf ganzer Linie

Verzwei­felte Geflüch­tete kommen immer wieder zum LAGeSo zurück. Sie leiden Hunger, da sie keine Unter­künfte finden, Unter­künfte keine Koch­mög­lich­kei­ten haben und Baraus­zah­lun­gen ausblei­ben. Alle Folge­ter­mine zur Geld­aus­zah­lung sind auf 9.00 Uhr morgens ange­setzt. Die Termine sind durch die kolla­bierte Behörde nicht zu halten. Die Geflüch­te­ten warten tage­lang auf Geld­zah­lun­gen der Leis­tungs­ab­tei­lung, Verlän­ge­rung der Kosten­über­nahme oder auch Rönt­gen zur Tuber­ku­lo­se­prä­ven­tion. All diese Menschen teilen sich das offene Gelände mit den täglich neu hinzu­kom­men­den Flücht­lin­gen. Die Anspan­nung steigt mit jedem Tag mehr.

Minder­jäh­rige Allein­rei­sende erhal­ten am LAGeSo eine Warte­num­mer statt in die entspre­chende Unter­kunft für unbe­glei­tete jugend­li­che Flücht­linge gelei­tet zu werden. Die Unter­kunft Motard­straße schickt Jugend­li­che wegen Über­fül­lung in die Obdach­lo­sig­keit und verant­wor­tet mit diesem Verhal­ten die Gefähr­dung der beson­ders schutz­be­dürf­ti­gen Jugend­li­chen (Bedro­hung, körper­li­che Über­griffe).

Weder LAGeSo noch Senat stel­len einen Schutz vor den nun bereits spür­bar kälte­ren Tempe­ra­tu­ren für die Flücht­linge. Nach wie vor warten die Menschen im Freien. Kein witte­rungs­be­stän­di­ger Warte­raum ist zugäng­lich. Geschütze Warte­be­rei­che stehen seit Wochen zur Verfü­gung, werden zur Nutzung aber nicht frei­ge­ge­ben.

Fertig gestellte Unter­la­gen werden unvoll­stän­dig ausge­ge­ben (Kran­ken­scheine fehlen, Geld­aus­zah­lun­gen blei­ben aus, Kosten­über­nah­men werden nicht verlän­gert oder sind ungül­tig). Es gehen Unter­la­gen mehr­fach verlo­ren. Das LAGeSo arbei­tet weiter­hin nur mit Papier­ak­ten.

Weder LAGeSo noch Senat stel­len dees­ka­lie­rende Konzepte für die ange­spannte Situa­tion unter den Warten­den. Die Verant­wor­tung wird der Poli­zei und einem priva­ten Sicher­heits­un­ter­neh­men über­tra­gen, dees­ka­lie­rend einzu­wir­ken. Die Perso­nal­de­cke ist keines­falls dazu ausge­legt.

Es gibt nach wie vor für Hunderte von warten­den Menschen nur eine Warte­num­mern­ta­fel in einem witte­rungs­un­ge­schütz­ten Bereich. Warum wird nicht eine weitere Nummern­an­zeige z.B. im Essens­zelt oder ande­ren Berei­chen aufge­stellt, damit die Lage entspannt wird?

Es gibt weiter­hin keine Ausschil­de­run­gen zu den Sani­tär­be­rei­chen in den Häusern A und J

Ausgabe von Unter­la­gen ausschließ­lich auf Deutsch

Ausgabe von wert­lo­sen Hostel/Hotelscheinen (s.o.).

„Moabit hilft“ stellt Forde­run­gen an die poli­tisch Verant­wort­li­chen

Täglich werden seitens der Verant­wort­li­chen aus dem Senat Gesetze gebro­chen. Wir fordern den Senat auf, sich an die Geset­zes­lage zu halten und Lösun­gen huma­ner Art sowohl für regis­trierte wie für unre­gis­trierte Geflüch­tete zu finden. Ansons­ten verdient die „Senats­ver­wal­tung für Gesund­heit und Sozia­les“ die eigene Bezeich­nung nicht.

Der Senat muss endlich ein trag­fä­hi­ges Konzept vorle­gen statt weiter am Flicken­tep­pich zu basteln! Das kolla­bierte System kann nicht länger pro forma aufrecht­erhal­ten werden. Es müssen poli­ti­sche Konse­quen­zen gezo­gen werden.

Wir fordern von Herrn Czaja, Herrn Gerstle, Herrn Müller und Herrn Glietsch nach mona­te­lan­gem Taktie­ren und dem Verschlep­pen von Entschei­dun­gen endlich ihrer poli­ti­schen Verant­wor­tung nach­zu­kom­men. Als poli­ti­sche Entschei­der tragen sie die volle Verant­wor­tung für die kata­stro­phale Situa­tion, den Unmut, die Unruhe, die immer größer werdende Anspan­nung und das Leid am LAGeSo und in den Notun­ter­künf­ten. Frei nach Molière: die poli­ti­schen Entschei­der sind nicht nur verant­wort­lich für das, was sie tun, sondern auch für das, was sie nicht tun!

Muss erst das erste Klein­kind erfrie­ren oder sich ein Mensch aus purer Verzweif­lung etwas antun?

Wir erwar­ten Lösun­gen. JETZT!

„Moabit hilft“ dankt ausdrück­lich allen Helfer/innen, Unterstützer/innen und Freund/innen, die täglich das Schlimmste verhin­dern. Wir danken allen von ganzem Herzen für ihren beispiel­los langen Atem und für ihr Mensch-Sein.

Auch deshalb sagen wir Ehren­amt­li­chen: Es reicht!

Wir rufen auf zur Demons­tra­tion am 17. Okto­ber 2015 um 14:30 Uhr am Alexanderplatz/Neptunbrunnen.

Bürger/innen, erscheint zahl­reich, bringt Banner mit, erklärt euch soli­da­risch, unter­stützt uns, unter­stützt die Geflüch­te­ten.

Flüch­tende Menschen sind kein Hilfs­pro­jekt.

Wir fordern den Respekt ein, den man uns allen entge­gen­zu­brin­gen hat.

„Moabit hilft“ erklärt sich soli­da­risch mit den geflüch­te­ten Menschen. Refu­gees welcome!

Die Bürger­initia­tive „Moabit hilft“ (e.V. i.G.) setzt sich seit 2013 für geflüch­tete Menschen ein. Zunächst, um den Neuan­kömm­lin­gen einen guten Start im Kiez Moabit zu ermög­li­chen, Sach­spen­den zu orga­ni­sie­ren und für menschen­wür­dige Unter­künfte zu sorgen. Seit über zwei Mona­ten stellt „Moabit hilft“ mit hunder­ten ehren­amt­li­chen Helfer/innen die Versor­gung und medi­zi­ni­sche Betreu­ung der geflüch­te­ten Menschen am LAGeSo sicher. (Moabit hilft e.V.)

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