Unser werter Minister für Innereien, Wolfgang Schäuble, gab sich große Mühe, ein betroffenes Gesicht zu machen. Doch wirklich glaubhaft schien er nicht. Die Nachricht, dass fast ein Fünftel der deutschen Jungen und ca. 10 Prozent der Mädchen eine rechtsextreme politische Meinung haben, sollte den Innenminister einer Demokratie natürlich beunruhigen, auch wenn ich denke, dass die Zahl — derzeit noch — zu hoch gegriffen ist. Doch gleichzeitig weiß man auch, dass die Regierung bisher nicht viel getan hat, diese Entwicklung zu stoppen. Schäubles Politik des Law and Order fördert demokratisches Denken so wenig wie sein Überwachungswahn.
Auch dass der Staat im vergangenen Jahr dem Verein Exit die finanzielle Unterstützung gestrichen hat, obwohl er jahrelang Neonazis erfolgreich beim Ausstieg aus der Szene geholfen hat, spricht nicht für ein fleißiges Bemühen, den Rechtsextremismus zurückzudrängen.
Seit Jahren werden in Deutschland Jugendeinrichtungen geschlossen, die Freizeit wird zunehmend in rechten Strukturen verbracht, oft gibt es vor Ort gar keine anderen Möglichkeiten mehr. Alkoholismus, Gewalt, Perspektivlosigkeit sind vielerorts normal, egal ob in Ost oder West. Wenn aber die politischen Verführer die einzigen sind, die Kindern und Jugendlichen etwas bieten, dann braucht man sich nicht über die Konsequenzen zu wundern. Manche Neonazigruppen verstehen es super, mit wenig Mitteln Jugendliche an sich zu binden. Einen Raum zum Treffen, Leute zum Quatschen, Unternehmungen in der Natur, Partys — all das könnten auch andere Vereine, Initiativen oder eben lokale Jugendclubs organisieren, doch die werden noch immer reihenweise geschlossen, sehr massiv auch hier in Berlin.
Schäuble und die Familienministerin Von der Leyen kündigten jetzt an, gezielte Maßnahmen ergreifen zu wollen. Vor allem in ländlichen Regionen würden mehr Freizeiteinrichtungen benötigt. Aber wer glaubt noch daran? Es ist doch jedes Mal die gleiche Reaktion, nach rassistischen Gewalttaten, nach Wahlerfolgen von Neonazis oder eben wenn eine neue Studie darüber erschienen ist. Man heult kurz aus, gelobt Besserung und viele Gegenmaßnahmen — und am nächsten Tag ist schon wieder alles vergessen. Währenddessen wühlen sich die rechten Ideologen weiter in die Köpfe der Jugendlichen. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn die dann in 5 oder 10 Jahren nicht nur in manchen Parlamenten sitzen, sondern auch in einigen Regierungen.
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