Großer Stern

Vergol­dete Erek­tion

Türme eignen sich gut als Erken­nungs­zei­chen in Filmen, weil man sie leicht im Hinter­grund ins Bild kriegt. Das gilt auch für die Sieges­säule auf dem Stern, der dem Stern im Klever Tier­gar­ten nach­emp­fun­den ist. Und ohne sie wäre der Stern wenig über­zeu­gend.
Der Stern von Moritz von Nassau in Kleve liegt auf einem Berg, und Moritz hatte in seinem Zentrum noch einen Hügel aufschüt­ten lassen, damit man wirk­lich gut sehen kann. Und wenn man über die von diesem Punkt ausge­hen­den Wege schaute, sah man in fast jeder Rich­tung etwas Schö­nes. Leider ist dort nun alles ähnlich zuge­wach­sen wie auf der Mari­en­höhe.
Der große Stern im Berli­ner Tier­gar­ten ist flach. In einer Rich­tung erblickt man durch das Bran­den­bur­ger Tor hindurch den Neubau, der einmal kein Schloss werden soll. In der entge­gen­ge­setz­ten Rich­tung verliert sich eine schnur­ge­rade Straße nach zwölf Kilo­me­tern im Nichts. Bei allen ande­ren Wegen gab es damals auch nichts Spek­ta­ku­lä­res, und das hat sich bis heute nicht geän­dert.
Da kam Hitler diese Säule gerade recht. Sie stand vor dem Reichs­tag und ähnelte der Säule auf dem Mehring­platz, dem ehema­li­gen Belle-Alli­ance-Platz. Die Säule dort heißt Frie­dens­säule, aber oben drauf steht die Sieges­göt­tin Vikto­ria, brei­tet die Flügel aus und schwenkt in der rech­ten Hand einen Sieger­kranz. Die Säule, die damals vor dem Reichs­tag stand, heißt dage­gen Sieges­säule, hat mit 1870/71 zu tun, ist größer, und oben drauf brei­tet eine Vikto­ria die Flügel aus und schwenkt einen Sieger­kranz. Suchen Sie die Unter­schiede!
Hitler, der sich später mit dem stum­mel­för­mi­gen Schwer­be­las­tungs­kör­per verewigte, fand diese Säule zu klein. Um Musso­lini bei dessen Staats­be­such zu impo­nie­ren, ließ er sie ins Zentrum des Großen Sterns umset­zen und erhö­hen. Eine Art Staats­e­r­ek­tion. Auch ließ er die Stra­ßen dort erheb­lich verbrei­tern, damit man später die Love Parade schön feiern konnte. Nur an ein Abfall­sys­tem für Geträn­ke­do­sen hatte er nicht gedacht.
Damals gab es den Fern­seh­turm noch nicht, und diese Säule zwischen den beiden Zentren wäre eine Art Mittel­punkt gewe­sen. Sie hat auch dem Großen Stern einen land­schafts­ar­chi­tek­to­ni­schen Sinn gege­ben: wenn man von außen, zum Beispiel von der Stadt­bahn aus, zum Zentrum des Sterns schaut, sieht man sie. Es ist genau umge­kehrt wie in Kleve.
Auch für Männer, die Sex mit Männern suchen, war die Sieges­säule seit Jahr­zehn­ten der Mittel­punkt Berlins. Dennoch ist der große Stern vergli­chen mit eini­gen ande­ren weiter oben beschrie­be­nen Orten rela­tiv einsei­tig.

Aus: Suche nach der Mitte von Berlin

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