Funde aus der jüngeren Steinzeit, die man im Humboldthain ausgegraben hat, beweisen, dass schon damals Menschen in der Gegend um die heutige Brunnenstraße in Mitte und Wedding gelebt haben. Aber diese Zeit soll hier nicht behandelt werden.
Dieser Rückblick beginnt erst zaghaft im 13. Jahrhundert bei Johann I. und Otto III., unter deren Doppelherrschaft die Gegend um die Spreeinsel besiedelt wurde. Etwa seit 1220 existierte das Dorf Wedding, das jedoch 30 Jahre später schon wieder aufgegeben wurde. Das folgende Schriftstück entstand am 22. Mai 1251 und ist ein Kaufvertrag für die Mühle des Dorfes Wedding, das damit zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde rechtzeitig zu seinem Ende.
»Im Namen der heiligen unteilbaren Dreieinigkeit Otto, von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg, allen für alle Zeiten: Die Handlungen der Gegenwart pflegen bisweilen in späteren Zeiten unterzugehen, wenn sie nicht mit Hilfe der Schrift, sowohl den Nachkommen als auch den Lebenden erhellen, wie unser getreuer Friedrich von Kare, Kriegsmann, eine Mühle im Gebiet des Dorfes, welches Weddinge hieß, am Flusse Pankowe gebaut, dem ehrwürdigen Probste Jacob und dem Frauenkloster der heiligen Jungfrauenkirche bei Spandau für 21 Mark Silber verkauft und überwiesen hat.« Warum das ursprüngliche Dorf tatsächlich aufgegeben wurde, darüber gibt es keine genaue Überlieferung. Eine These ist die, dass dies zugunsten der neuen Städte Berlin und Cölln geschah. Eine andere sagt, dass sich die Bewohner des Dorfes nicht ernähren konnten, da der Boden zu unfruchtbar war. Etwa dort, wo heute der Nettelbeckplatz liegt, wurde 1603 der Weddinghof gegründet, woraus sich das neue Dorf Wedding bis hin zum späteren Stadtbezirk Wedding entwickelte.
Die Panke-Mühle überlebte das ehemalige Dorf jedoch noch mehr als 300 Jahre, bis 1558. Erst in den Anfangsjahren des 18. Jahrhunderts wurde wieder eine Mühle an der Panke gebaut, dort wo heute die Badstraße verläuft. Ab 1731 wurde sie als Papiermühle betrieben, in der zeitweise bis zu 60 Arbeiter beschäftigt waren. Da aber Feuer und Wasser in zu großen Mengen sehr destruktiv wirken können, gab es immer wieder Zerstörungen zu beklagen. Bis zu ihrer Stilllegung 1811 wurde die Mühle zweimal durch das Hochwasser der Panke zerstört sowie 1794 durch einen Brand. 1825 brannte das Gebäude dann endgültig ab. Aber auch das neu erbaute Mühlenhaus wurde 1839 ein Opfer der Fluten. 1844 wurde dann die letzte Getreidemühle errichtet. Dieses Gebäude ist heute, jedoch stark verändert, noch in der Badstraße 39 erhalten.
Zu den wenigen Prominenten, die sich in der Geschichte des heutigen Stadtteils Gesundbrunnen finden, gehört auch der Teufel. Er soll sich ab 1728 dort herumgetrieben haben. Und so berichten alte Dokumente, dass leichtgläubige Bürger Angst bekamen, wenn sie über den Wedding fahren mussten. Dazu passten auch die Erzählungen der Prostituierten Dorothea Steffin, die im letzten Berliner Hexenprozess angeklagt war. Sie gab zu, dass sich einer ihrer Freier ihr gegenüber als der Teufel zu erkennen gegeben habe und ihr auch ein mit Blut geschriebenes Pergament gab. Damit könne sie nun unbeobachtet stehlen gehen, versicherte ihr der angebliche Teufel, der für diese Großzügigkeit von nun an kostenlos die Dienste der Steffin in Anspruch nehmen durfte. Doch die Richter waren aufgeklärt genug, so dass sie annahmen, dass da jemand nur auf einen teuflischen Gedanken gekommen, aber nicht Satan in Person war. Die Steffin wurde so nicht der Folter unterzogen, jedoch trotzdem zu lebenslanger Arbeit verurteilt.
Während zu diesem Zeitpunkt auf dem Gebiet des Gesundbrunnens nur 72 Personen lebten, wurde Berlin immer größer. So wurde von der Stadtregierung beschlossen, eine neue Grenzziehung vorzunehmen und eine »Akzisemauer« zu errichten. Anders als die Stadtmauern des Mittelalters sollte diese Mauer zum einen der Sicherung der Steuern (Akzise) diesen, zum anderen auch dem Desertieren von Soldaten vorbeugen. Im Norden verlief diese Stadtmauer, die unter Friedrich Wilhelm I. errichtet wurde, entlang der heutigen Linienstraße. Doch die Stadtmauer beschrieb nicht die tatsächliche Grenze der Stadt, diese lag weiter nördlich und war auch nicht genau definiert. Es bestand eine sogenannte »Weichgrenze«, um die es zwischen Berlin und den angrenzenden Landkreisen Streit gab. Schließlich ging es dabei um Steuereinnahmen, die jeder Kreis für sich verbuchen wollte. Vor allem um das Gebiet nördlich des Rosenthaler Tores gab es Streit zwischen Berlin und dem Kreis Niederbarnim. Denn in dem bis dato uninteressanten Gebiet wurde 1760 nahe der Panke eine Heilquelle eröffnet, die später als Gesundbrunnen bekannt wurde und viele Besucher — und somit Geld — anzog.
Die Stadt selbst, aber auch viele Berliner besaßen Land außerhalb der Stadtmauern, wo sie aber nicht doppelt Steuern zahlen wollten. Im Jahr 1789 wurde der Kriegsrat Scheffel von der preußischen Regierung beauftragt, die genaue Grenze herauszufinden. Er stellte erst einmal fest, dass es keine genauen Karten gab, in denen man die Grenzen einzeichnen könnte.
Dem Staat ging es darum, die Bewohner der Siedlungen außerhalb der Stadtmauern steuerlich ähnlich wie die Bürger der Stadt zu behandeln. Gleichzeitig wollte man sich nicht entscheiden, ob diese Gebiete auch rechtlich zur Stadt gehören. Denn solange dies nicht der Fall war, gab es Merkwürdigkeiten wie diese, dass die Stadt zwar nicht für die Armen außerhalb ihrer Mauern sorgen musste, jedoch von den Reichen im gleichen Gebiet Steuern verlangen durfte.
Wer damals vom Rosenthaler Tor zum Gesundbrunnen wollte, konnte nicht die heute existierende Strecke benutzen. Nur zwischen dem Stadttor und der heutigen Invalidenstraße gab es einen Weg, auf dem man dann über Umwege zum Gesundbrunnen kam. Doch muss dieser Weg von miserabler Qualität gewesen sein, weshalb die Brunnenstraße in ihrer heutigen Streckenführung existiert: Denn als sich im Jahre 1784 Friedrich der Große auf einer Fahrt vom Rosenthaler Tor zum Gesundbrunnen befand, kam es zum Eklat. Das Gefährt war recht und schlecht über die unebenen Landwege in die Feldmark der Weddinger Bauern geholpert, da hatte der Kutscher eine scharfe Biegung zu nehmen — und die Kutsche stürzte um.
Dies muss für den in staatsmännischer Hinsicht sturzfrei gebliebenen großen König ein sehr peinlich-eindrucksvolles Erlebnis gewesen sein. Zornig rappelte er sich auf, und dann raffte er sich auf: Nämlich zu einem Königlichen Dekret, in dem der Bau einer ordentlichen und geraden Straße zum Gesundbrunnen angeordnet wurde. Noch am gleichen Tag war es zur Ausfertigung dieser Urkunde gekommen, worauf das fallbedingte Schmerzempfinden König Friedrichs II. sicher wesentlichen Einfluss hatte.
Allerdings schien auch die neu angelegte Straße nicht gerade von bester Güte gewesen zu sein, wie ein Bericht von 1788 beweist:
»In der Mitte der Straße ist es, bei schlechter Witterung, außerordentlich kothig und in dem Steinpflaster selbst giebt es unzählige Löcher, welches theils von dem sandigen Boden, theils von der unverantwortlichen Nachlässigkeit der Steinsetzer und ihrer Aufpasser herrührt. Die übermäßig großen Steine die zwischen einer Menge kleiner und spitzer Kieselsteine gelegt sind, verursachen, dass man alle Augenblicke Gefahr läuft, anzustoßen und zu Boden zu stürzen. So breit und schön die Straße dem ersten Anblicke nach sind, so weiß doch der Fußgänger zuweilen nicht, wie er sich für schnellfahrenden Wagen, für Koth und Gossen hüten soll.«
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