Mietendeckel vor 250 Jahren

Der vom Berli­ner Senat beschlos­sene Mieten­de­ckel wird von den wirt­schafts­hö­ri­gen Parteien CDU, FDP und AFD ja herz­lichst verteu­felt. Ebenso die Forde­rung auf Enteig­nung, unab­hän­gig davon, dass solche Maßnah­men beim Bau von Auto­bah­nen sehr wohl unter­stützt werden. Schnell ist dann die Rede von Staats­so­zia­lis­mus, Verhält­nis­sen wie in der DDR und ähnli­cher Propa­ganda. Dabei wäre es ange­brach­ter zu sagen: “Verhält­nisse wie unter Fried­rich dem Großen”.

Tatsäch­lich erließ dieser Maßnah­men, die durch­aus vergleich­bar waren. Schon seit Anfang des 18. Jahr­hun­derts wuchs die Berli­ner Bevöl­ke­rung über­durch­sc­nitt­lich stark an, was sehr an die heutige Situa­tion erin­nert. Auch damals begann eine Wohnungs­not und die Mieten wurden von den Haus­ei­gen­tü­mern scham­los erhöht. Mieter­rechte oder auch nur Verträge gab es noch nicht und so wurden tausende Fami­lien einfach vor die Tür gesetzt, wenn sie die doppelte oder verdrei­fachte Miete nicht zahlen konn­ten.

Der preu­ßi­sche König Fried­rich II. ordnete 1754 deshalb an, dass ab sofort schrift­li­che Miet­ver­träge abzu­schlie­ßen seien. Kündi­gun­gen durf­ten nur noch zum Quar­tals­ende erfol­gen. Doch im Zuge des Sieben­jäh­ri­gen Krie­ges verschlim­merte sich die Lage immer mehr. Dies­mal kam erst­mals die Speku­la­tion dazu, Kauf und Verkauf von Wohn­häu­sern, die Preise schos­sen in die Höhe und mit ihnen der Miet­zins. Bei einem Eigen­tü­mer­wech­sel wurden auch oft die Mieter*innen raus­ge­schmis­sen und es konnte teurer neu vermie­tet werden.

Im April 1765 hatte der noch gar nicht so Alte Fritz die Schnauze voll. Zum einen verfügte er, dass das Prin­zip “Kauf vor Miete” abge­schafft wurde, bei einem Eigen­tü­mer­wech­sel musste der neue Besit­zer die bishe­ri­gen Bewohner*innen zu glei­chen Kondi­tio­nen über­neh­men.
Noch schö­ner aber war eine Anord­nung, die auch heute wieder zur Geltung kommen sollte: Warf ein Haus­ei­gen­tü­mer seine Mieter*innen raus, konnte die Poli­zei diese zwangs­weise in dessen Privat­woh­nung oder Haus einquar­tie­ren. Dieses Recht wurde auch sofort bekannt­ge­ge­ben und selbst von den Kanzeln der Kirchen verkün­det.

Tatsäch­lich beru­higte sich der Wohnungs­markt rela­tiv schnell, das Berli­ner Miete­dikt war erfolg­reich. Dazu kam erst­mals die Maßnahme, dass auch der Staat Wohnun­gen bauen ließ und damit das Problem eben­falls klei­ner wurde.

Man sieht also: Die Gier der Speku­lan­ten und vieler Haus­ei­gen­tü­mer ist nichs Neues. Und es ist nötig, dass notfalls von staat­li­cher Seite konse­quente Maßnah­men ergrif­fen werden — egal ob von einem König oder einem gewähl­ten Parla­ment. Und wenn das auch nichts bringt, gibt es noch die Möglich­keit des Miet­streiks und der Beset­zun­gen. Nach dem Motto: Die Häuser denen, die drin wohnen!

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1 Kommentar

  1. Vielen Dank für den klei­nen Ausflug in die Geschichte! Ich muss mal schauen, ob ich dazu auch etwas in der Geschichte des Berli­ner Miets­hau­ses finde.
    Zum Thema Enteig­nung, das Beispiel Auto­bahn­bau fällt mir auch immer spon­tan ein. Von daher, was soll das Geschrei aus der von ihnen genann­ten Ecke?
    Und, was mich ihr klei­ner Arti­kel mal wieder zeigt, bevor man Kritik äußert, sollte man mal in der Geschichte forschen, ob und wenn ja, es nicht schon mal ähnli­ches gab. So ist eine Abschät­zung möglich, wie ein Vorha­ben sich auswir­ken kann.

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