Wohl dem, der abends in seine Wohnung kommen kann, eine Küche sein eigen nennt, sich unter die warme Dusche stellen kann. Tausende in Berlin können das nicht, sie sind obdachlos oder haben im besten Fall jemanden, bei dem sie vorübergehend unterkommen. Doch ein Mensch braucht einen Ort, an den er sich zurückziehen kann, an dem er zuhause ist.
Einer dieser Orte wird nun aber kurzfristig geschlossen: Der Warme Otto an der Straßenecke Rostocker / Wittstocker Straße ist eine Tagesstätte, die wenigstens einen Teil der Not lindern hilft. Hier kann man ohne Scheu hereinkommen, man bekommt Essen und Trinken, kann duschen und auf die Toilette gehen. Wer seine Wäsche waschen und trocknen möchte, kann dies hier tun, er oder sie bekommt Hilfe bei der Korrespondenz mit Ämtern, notfalls auch ein Gespräch mit einem Psychologen. Sozialarbeiter, die auch polnisch oder russisch sprechen, helfen den BesucherInnen, beraten sie, führen mit ihnen nötige Telefonate.
Es gibt auch Schließfächer, in denen man seine wichtigsten Papiere oder Habseligkeiten sicher verwahren kann.
Begonnen hat es bereits Mitte der 1980er Jahre. Ein Pfarrer der Heilandskirche richtete im Gemeindehaus in der Ottostraße eine Wärmestube ein. Daraus entwickelte sich ein wichtiger Anlaufpunkt für Menschen, die es auf die Straße verschlagen hat. Im Warmen Otto finden sie einen Ort zum Reden, um soziale Kontakte zu pflegen, die eigene Einsamkeit wenigstens ein bisschen zu verdrängen. Das Leben auf der Straße ist unmenschlich, da tut es gut, dem mal für ein, zwei Stunden zu entkommen.
Rund ein Drittel der Besucher sind „Stammkunden“, andere auf der Durchreise von irgendwo nach irgendwo anders. Manche kommen auch nur ab und zu vorbei, wenn das Geld mal wieder nicht reicht, um satt zu werden.
Mitten im Kiez der Rostocker Straße, dort wo schon immer die Ärmeren gelebt haben, bietet die Einrichtung täglich bis zu 100 Menschen einen Anlaufpunkt. Die Angestellten und Ehrenamtlichen der Stadtmission, die den Warmen Otto betreibt, sind offen für alle, die Hilfe brauchen. Sei es auch nur für ein kurzes Gespräch, eine Fahrkarte oder eine neue Hose. In der Kleiderkammer findet man eine Jacke, ein Paar Schuhe. Nachbarn, die etwas übrig haben, sollten keine Scheu haben, saubere Kleidung einfach im Laden abzugeben.
Dass die Tagesstätte nun nach 38 Jahren, direkt vor Beginn der Kältesaison ohne Vorwarnung geschlossen wird, ist unbegreiflich. Für die Betroffenen ist das ein riesiger Verlust.
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