Gefängnis Lehrter Straße

Mitten in der Lehr­ter Straße steht ein großes, abwei­sen­des Gebäude mit schmut­zi­ger Fassade und vergit­ter­ten Fens­tern. Die eins­tige Arrest-Anstalt des Mili­tärs war 1901 eröff­net worden. Sie diente später als zivi­les Frau­en­ge­fäng­nis und war auch teil­weise Außen­stelle des Amts­ge­richts. Offi­zi­ell gehörte es bis zur Schlie­ßung zur JVA Plöt­zen­see.

Berüch­tigt wurde das Gefäng­nis, weil es dort mehr­mals Ausbrü­che von Gefan­ge­nen gab. Spek­ta­ku­lär auch, weil es einer von ihnen gleich zwei­mal gelang, dem Frau­en­knast auf unge­wöhn­li­chem Weg zu entkom­men: Inge Viett gehörte zur Bewe­gung 2. Juni, die Anschläge verübte. Später schloss sie sich der RAF an.

Ganz klas­sisch mit Hilfe einer einge­schmug­gel­ten Feile flüch­tete sie erst­mals am 20. Juni 1973 durch das vergit­terte Fens­ter eines Fern­seh­raums im ersten Stock. Drau­ßen versteckte sie sich erst in einer Frauen-WG und nahm dann wieder Kontakt zu ihrer Orga­ni­sa­tion auf.

Nach erneu­ter Fest­nahme im Septem­ber 1975 kam sie in das glei­che Gefäng­nis. Schon zu Weih­nach­ten wollte sie wieder abhauen, was aber nicht klappte, Wärter hatten den Ausbruchs­ver­such entdeckt. Doch am 7. Juli 1976 gelang ihr mit drei weite­ren Gefan­ge­nen die Flucht, dies­mal unter Verwen­dung eines ange­fer­tig­ten Nach­schlüs­sels. Sie über­wäl­tig­ten zwei Wärte­rin­nen und seil­ten sich an Bett­la­ken ab.

Zwei Jahre später, im Mai 1978, war Inge Viett auch an der Befrei­ung von Till Meyer (eben­falls Bewe­gung 2. Juni) aus der JVA Moabit betei­ligt. Als „Kommando Nabil Harb“ ging sie zusam­men mit Ange­lika Goder als vermeint­li­che Anwäl­tin­nen von Meyer in die JVA. Dort schos­sen sie einen Bediens­te­ten nieder und flüch­te­ten. Vermut­lich vom nahen Lehr­ter Bahn­hof fuhren sie mit der S‑Bahn nach Ost-Berlin, wo sie mit Hilfe der DDR-Staats­si­cher­heit nach Bulga­rien weiter­rei­sen konn­ten.
Letzt­end­lich landete Till Meyer jedoch wieder in Moabit. Das Krimi­nal­ge­richt verur­teilte ihn 1980 zu einer lang­jäh­ri­gen Haft­strafe. Im Knast fing er eine Bezie­hung mit einer dorti­gen Sozi­al­ar­bei­te­rin an, die er 1983 heira­tete. Das Gefäng­nis in der Lehr­ter Straße wurde rund 100 Jahre nach seiner Inbe­trieb­nahme geschlos­sen.

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