Borsig: Eisenbahn- und Maschinenbau

1831 hatte die König­li­che Seehand­lung die Dampf­schiff­fahrt in und um Berlin über­nom­men und begann auch selbst den Bau von Binnen­schif­fen. An der Kirch­straße gab es bereits eine Maschi­nen­bau­an­stalt, 1844 kam eine Eisen­gie­ße­rei dazu.
1835 wurde der erste voll­stän­dig eiserne Damp­fer, die Prinz Carl, auf der Moabi­ter Werft gebaut. Doch 1850 gab die Seehand­lung diese Sparte auf und verkaufte ihre Fabrik an August Borsig.

Borsig hatte zuvor schon 1836 eine Maschi­nen­bau­an­stalt in der Chaus­see­straße vor dem Orani­en­bur­ger Tor gegrün­det. Dort produ­zierte die Firma vor allem Dampf­lo­ko­mo­ti­ven. Doch bald wurde das Gelände zu klein, es gab keine Erwei­te­rungs­mög­lich­kei­ten. Moabit, das damals weit außer­halb der Stadt­mau­ern lag, bot deshalb bessere Möglich­kei­ten zur Expan­sion. Außer­dem musste August Borsig in Moabit weni­ger Steu­ern zahlen. Deshalb versuchte er 1842, die König­li­che Seehand­lung aufzu­kau­fen und dort sein Werk zu erwei­tern. Noch aber wurde das Ange­bot abge­lehnt.

Statt­des­sen erwarb Borsig im selben Jahr erst­mal mehrere Grund­stü­cke west­lich der Strom­straße, zwischen Spree und Alt-Moabit. Nach mehre­ren Zukäu­fen zog sich das Gelände schließ­lich bis zur heuti­gen Elber­fel­der Straße hin.

Hier ließ Borsig das Walz- und Hammer­werk errich­ten, das Mitte der 1840er Jahre in Betrieb ging und stän­dig erwei­tert wurde. Dessen Haupt­ge­bäude war über 70 Meter lang, 40 Meter breit und so hoch wie ein drei­stö­cki­ges Haus. Über­ragt wurde die Fabrik von einem ganz beson­de­ren Schorn­stein, der auch zum Wahr­zei­chen des Werks wurde. Der etwa 50 Meter hohe Schlot hatte in Zwei­drit­tel-Höhe einen Rund­um­bal­kon, den man durch eine innen­lie­gende Treppe errei­chen konnte. Zudem war der Schorn­stein reich verziert, u.a. mit glasier­ten Ziegeln. Der obere Teil bestand aus eben­falls verzier­ten Guss­ei­sen.

Das Moabi­ter Werk fertigte in dieser Zeit Eisen­pro­dukte für das ganze Reich an. Manche Konstruk­tio­nen, wie mehrere Elbbrü­cken, werden hier sogar vormo­niert und muss­ten dann vor Ort nur noch zusam­men­ge­fügt werden.

Ende der 1840er Jahre gab es immer weni­ger Aufträge in der Maschi­nen- und Metall­bau­bran­che. Die Seehand­lung in der Kirch­straße entließ einen Groß­teil ihrer Arbei­ter und verkaufte das Werk 1850 nun doch an August Borsig.

Borsig 1867

Allein durch die eigene Größe und den siche­ren Aufträ­gen für den Bau von Dampf­lo­ko­mo­ti­ven kam Borsig gut durch die Krise. 1854, kurz vor seinem Tod, konnte August Borsig noch die Auslie­fe­rung der 500. Loko­mo­tive feiern. Nur vier Jahre später gab es in Moabit ein rauschen­des Fest mit über 20.000 Teil­neh­me­rIn­nen, als schon die 1.000 Lok über­ge­ben wurde. 1872 war die Firma Borsig dann der größte Herstel­ler von Dampf­loks in Europa und der zweit­größte welt­weit. Von seiner Fabrik an der Spree führte zu dieser Zeit sogar ein eige­nes Gleis quer durch Moabit zum Güter­bahn­hof an der Quit­zow­straße — west­lich der Wilhelms­ha­ve­ner Straße, wo heute deren Hinter­häu­ser stehen. Im Foto sieht man die Trasse rechts von der Heilands­kir­che. Um Rauch­be­läs­ti­gun­gen zu vermei­den, muss­ten die Loks dort aller­dings von Pfer­den bis zum Bahn­hof gezo­gen werden.

Borsig-Villa

Im östli­chen Teil des Eisen­werks hatte August Borsig sich noch eine Villa inklu­sive eines großen Parks anle­gen lassen, der von Peter Joseph Lenné gestal­tet wurde. Darin auch mehrere „warme Häuser“, also Gewächs­häu­ser mit Palmen und ande­ren südlich behei­ma­te­ten Pflan­zen. Diese wurden durch die warmen Abwäs­ser des Eisen­werks beheizt. Der Park und die warmen Häuser konn­ten sogar von der Bevöl­ke­rung besucht werden. Immer diens­tags und frei­tags wurden sie gegen Eintritts­geld geöff­net. Der Erlös floss in die Unter­stüt­zungs­kasse der Borsig-Arbei­ter. Bis heute ist noch ein Teil des Gartens erhal­ten. Der „Esse­ner Park“ ist nur über zwei Durch­gänge in der Esse­ner bzw. Strom­straße erreich­bar. Ohne Eintritts­geld.

Bald wurden auch die beiden Werke in Moabit zu klein. Doch aufgrund der sich immer weiter ausbrei­ten­den Stadt konn­ten sie nicht mehr erwei­tert werden. Und so zog die Fabrik ein zwei­tes Mal um, dies­mal nach Tegel. 1897 wurden die Moabi­ter Grund­stü­cke parzel­liert und verkauft. Heute befin­den sich dort das West­fä­li­sche Vier­tel nörd­lich vom Bundes­rat­ufer bzw. das Wohn­vier­tel rund um die Thomas­si­us­straße. 1911 wurde auch die Borsig-Villa 1911 abge­ris­sen.

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