Ortsteil: Alt-Treptow

Auf den ersten Blick hat dieser kleine Orts­teil, einge­zwängt zwischen Neukölln, Kreuz­berg und Fried­richs­hain, nicht viel zu bieten. Einige hundert Wohn­häu­ser rund um die Elsen­straße, Durch­gangs­ver­kehr, und ab diesem Jahr noch einen Auto­bahn­an­schluss.

Doch schon der zweite Blick in den west­li­chen Teil Alt-Trep­tows zeigt die weit über den Orts­teil reichen­den Bedeu­tung: Da ist an der Grenze zu Kreuz­berg-Fried­richs­hain das alte Stra­ßen­bahn­de­pot, in dem sich seit den 1990er Jahren die Arena befin­det, einer der wich­tigs­ten Konzert- und Veran­stal­tungs­orte der Stadt. Direkt ange­schlos­sen das Bade­schiff in der Spree.

Gleich um die Ecke davon die west­li­che Pusch­kin­al­lee, ein klei­nes Villen­vier­tel, in dem zu DDR-Zeiten mehrere Botschaf­ten unter­ge­bracht waren. Heute findet man dort noch die Vertre­tun­gen von Bela­rus und Viet­nam.

Gleich dane­ben die alte Preu­ßi­sche Armee­ka­serne. In der Nach­kriegs­zeit saßen hier der Reihe nach sowje­ti­sche Solda­ten, die Volks­po­li­zei und dann die DDR-Grenz­trup­pen. Seit der Wieder­ver­ei­ni­gung und einer Sanie­rung nutzt vor allem das Bundes­kri­mi­nal­amt diesen Komplex. Hier befin­den sich zudem das Gemein­same Terro­ris­mus­ab­wehr­zen­trum von BKA und Bundes­amt für Verfas­sungs­schutz.

Domi­niert wird der Stadt­teil aber vom Trep­tower Park. Im 19. Jahr­hun­dert ange­legt von Gustav Meyer fand dort bald darauf die große Berli­ner Gewer­be­aus­stel­lung von 1896 statt. Sie sprengte in ihrem Erschei­nungs­bild alles bisher Dage­we­sene. Auf 900.000 Quadrat­me­tern wurden ganze Dörfer errich­tet, Hügel, ein See, die Archen­hold-Stern­warte, die noch heute exis­tiert

Unter­halb der Spree wurde ein Stra­ßen­bahn­tun­nel nach Stra­lau ange­legt, der jedoch nicht recht­zei­tig fertig wurde und erst 1899 in Betrieb ging. Insge­samt besuch­ten von Mai bis Okto­ber 1896 etwa sieben Millio­nen Menschen die Gewer­be­aus­stel­lung.

Bis heute werden der Park und die Anla­gen am Spree-Ufer von täglich Tausen­den Menschen genutzt. Da sind die Ausflugs­schiffe der Weißen Flotte, weiter östlich das alte Haus Zenner mit dem Garten­lo­kal für 1.500 Gäste. Wenige Meter weiter liegt in der Spree die Insel der Jugend, erreich­bar über eine Fußgän­ger­brü­cke.

Der Trep­tower Park lohnt sich zu allen Jahres­zei­ten für kurze und längere Ausflüge. In seiner Mitte befin­det sich das monu­men­tale Sowje­ti­sche Ehren­mal, in stalin­scher Ästhe­tik erin­nert es daran, dass es die Rote Armee war, die 1945 Berlin von der NS-Herr­schaft befreit hat. Dies ist aber nicht nur ein Gedenk­ort, sondern auch ein großer Fried­hof. Mehrere tausend Sowjet­sol­da­ten sind hier beer­digt, die bei der Befrei­ung Berlins ihr Leben verlo­ren haben.

Nicht weit entfernt steht die Archen­hold-Stern­warte, deren Riesen­fern­rohr mit 21 Metern Brenn­weite bis heute das längste beweg­li­che Linsen­fern­rohr der Welt ist.

Heute ist Alt-Trep­tow ein inter­es­san­ter Orts­teil, der eini­ges zu bieten hat. Das war während der Teilung anders. Zu zwei Seiten von West-Berlin begrenzt, stan­den die Wohn­häu­ser und Fabrik­ge­bäude teil­weise unmit­tel­bar an der Mauer. In der Heidel­ber­ger Straße trennte der Todes­strei­fen die Häuser­rei­hen auf beiden Seiten der Straße, so konn­ten sich die Bewoh­ne­rIn­nen in Trep­tow und Neukölln direkt in die Fens­ter schauen.

In der Grün­an­lage Schle­si­scher Busch an der Pusch­kin­al­lee erin­nert ein alter DDR-Grenz­turm daran, dass hier einst ein Teil des Eiser­nen Vorhangs verlief, der nicht nur Berlin, sondern ganz Europa in zwei Teile trennte. Heute dage­gen kommen gerade in dieser Gegend Menschen aus der gesam­ten Welt zusam­men und besu­chen die Arena oder die vielen Clubs und Bars, direkt an der eins­ti­gen Grenze. Alt-Trep­tow ist eben doch mehr als nur ein unbe­deu­ten­der Orts­teil Berlins.

[ Berlin und seine Orts­teile ]

Foto: Mehman Ibrag­i­mov

Wiki­me­dia Commons, CC BY 4.0
print

Zufallstreffer

Bücher

Temple of Refuge

Im März 2016 kam der junge Kurde Sartep Namiq aus dem Irak nach Berlin. Er hoffte auf eine bessere Zukunft. Aber zunächst war das Leben in der Notun­ter­kunft für geflüch­tete Menschen in dem alten Flug­ha­fen […]

Erinnerungen

Richard und Elsbeth Lehmann

Richard Lehmann, geb. 22.4.1864 (Berlin), gestor­ben 4.6.1943 (There­si­en­stadt) Elsbeth Lehmann, geb. Joel, geb. 11.2.1872 (Berlin), ermor­det in Ausch­witz “A&A Lehmann. Fabrik von Mohair und Seiden­plüschen, Nouveau­tes, Shawes und Wollen­stof­fen. Fabrik mit Spin­ne­rei, mechan. Webstüh­len, Färbe­rei, […]

Berlin

Braunes Übel

Die Ordnungs­äm­ter der Bezirke vertei­len Info­blät­ter an Passan­ten, in denen es gegen die Hunde­hau­fen in Berlin geht. Doch Empfän­ger der Broschü­ren sind nicht nicht etwa nur die Hunde­hal­ter, sondern auch deren Opfer, die tagtäg­lich Gefahr laufen, in einen der zahl­rei­chen Schei­ße­hau­fen zu treten. Wir Nicht-Hunde­be­sit­zer werden darin aufge­for­dert, die “Herr­chen” und “Frau­chen” der Köter anzu­spre­chen. […]

Schreibe den ersten Kommentar

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*