
In diesem Frühjahr jähren sich der Höhepunkt sowie die Niederschlagung der sogenannten Bauernkriege zum 500. Mal. Damals gab auf dem Territorium des heutigen Deutschlands weit über hundert Fürstentümer, Herzogtümer, Markgrafschaften u.ä. Ihnen war gemeinsam, dass die “einfachen Leute”, vor allem die Bauern und kleinen Handwerker, keinerlei Rechte besaßen. Es war das System des Feudalismus. Die Herrscher walteten in ihrem Gebiet, wie sie wollten. Wer sich auflehnte und Widerstand leistete, wurde erbarmungslos verfolgt und hingerichtet. Die Kirche übernahm dabei die moralische Rechtfertigung dieser Unterdrückung.
Schon in den Jahrzehnten zuvor gab es aber immer wieder Aufstände gegen diese Entrechtung der Menschen, besonders in Württemberg und Baden. Die zahlreichen Erhebungen vor allem in südwestdeutschen Städten zwischen 1509 und 1514 waren von den ärmeren und unterprivilegierten Schichten getragen und gegen die ökonomischen und politischen Privilegien der Patrizier und des Klerus gerichtet.
Um 1524 breiteten sich die Unruhen aus, unter anderem Richtung Osten, nach Thüringen, Franken, auch Hessen. Da sich die Zahl der Adligen, Beamten und Pfaffen immer mehr erhöhte, mussten die Armen immer mehr Abgaben zahlen. Die Hälfte der Ernte kassierten die Fürsten ein, vom Rest konnten die Bauern kaum leben. Ihnen gehörten die Felder auch nicht, sondern für diese mussten sie zusätzlich noch Pacht zahlen. Weit verbreitet war auch die Leibeigenschaft, bei der die Bauern praktisch Eigentum der Herrscher waren.
Um dagegen aufzubegehren, bildeten sich an vielen Orten sogenannte Haufen. Sie wussten, dass man nicht allein gegen die Fürstenwillkür ankam, deshalb schlossen sie sich zusammen. Manche Haufen bestanden aus einigen hundert Bauern, andere aus Tausenden. Der größte von ihnen war der Baltinger Haufen in Südschwaben, dort hatten sich um die 12.000 Bauern und Handwerker zusammengeschlossen, um sich gegen die Abgaben und Ausbeutung zu wehren. Natürlich haben die Fürsten sich das nicht gefallen gelassen und so kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen den bewaffneten Aufständischen und den Landknechten der Herrschenden.
Im März 1525 trafen sich 50 Vertreter verschiedener Haufen in Memmingen im Bayerischen Schwaben. Sie stellten eine Liste von Forderungen auf, die 12 Artikel enthielt. Darunter Selbstverständlichkeiten wie die Tatsache, dass es keine Leibeigenschaften mehr geben dürfe. Vor allem ging es darum, das wirtschaftliche Leben und Überleben der einfachen Bürger zu sichern. Und dass sie sich ihre Pfarrer selber aussuchen können. Diese 12 Artikel hatte auch die Funktion, die vielen verstreuten Haufen zu einigen. Alle konnten sich auf sie berufen.
Bereits Ende April zogen immer mehr bewaffnete Bauern mit ihren Sensen und Mistgabeln nach Frankenhausen in Thüringen. Der Theologe Thomas Müntzer hatte versucht, die Zersplitterung der Haufen zu beenden, weil er erkannte, dass man nur gemeinsam einen Sieg erringen könnte. Doch als am 15. Mai 2025 die Schlacht bei Frankenhausen begann, waren nur rund 8.000 Aufständische vor Ort. Ihnen gegenüber standen etwa 6.000 Soldaten der Fürstenheere, die nicht nur Stichwaffen hatten, sondern auch Kanonen. Der ungleiche Kampf war schnell vorüber, und während es unter den Bauern über 6.000 Todesopfer gab, wurden nur sechs Söldner getötet. Der Ort des Massakers heißt bis heute Blutrinne.
Thomas Müntzer wurde verhaftet, gefoltert und wenige Tage später hingerichtet. Auch 300 Überlebende der Kämpfe sind im Nachhinein noch ermordet worden. Insgesamt wurden während der Aufstände über 70.000 Bauern getötet.
Die Bauernkriege waren erste Versuche, eine gerechte und menschliche Gesellschaft zu erreichen. Sie hatten jedoch nicht einig gekämpft, waren zu oft nur auf die Verbesserung ihrer eigenen Situation bedacht, anstatt das große Ganze zu sehen. Müntzer hatte das erkannt und hat versucht, die Haufen zu einigen. Was ihm nicht gelang, konnten jedoch die Fürsten: Sie schlossen sich trotz vieler Differenzen zusammen und konnten so die Aufständischen besiegen.
Sowohl die Papstkirche, als auch der sogenannte Reformator Martin Luther sahen die gottgläubigen Bauern und Handwerker als ihre Feinde und stellten sich klar an die Seite der Herrschenden. Luther veröffentlichte 1525 die Schrift “Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern”. Darin steht: “Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschlagen muss.” So geschah es dann auch.
Trotz ihrer Niederlage hatten die Bauernkriege für spätere Gesellschaften eine wichtige Funktion. Sie legten die Grundlage für ein demokratisches System, weil sie zum ersten Mal grundlegende Freiheits- und Menschenrechte niederschrieben.
In diesem Frühjahr im Jahr 2025 wird in Deutschland an die 500 Jahre zurückliegenden Bauernkriege gedacht. Dabei ist es erst acht Jahre her, dass der üble Antisemit Martin Luther noch 2017 groß gefeiert wurde.
Was für eine Verlogenheit, was für eine Doppelmoral!
Foto 1: Roland.h.bueb
Wikimedia Commons, CC BY 3.0
Foto 2: Jörg Blobelt
Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
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