Die ersten Aufstände

Fassade der Kramerzunft am Weinmarkt in Memmingen. In diesem Haus versammelten sich im März 1525 die aufständischen Bauern, um ihre Forderungen in den berühmten Zwölf Artikeln festzulegen.

In diesem Früh­jahr jähren sich der Höhe­punkt sowie die Nieder­schla­gung der soge­nann­ten Bauern­kriege zum 500. Mal. Damals gab auf dem Terri­to­rium des heuti­gen Deutsch­lands weit über hundert Fürs­ten­tü­mer, Herzog­tü­mer, Mark­graf­schaf­ten u.ä. Ihnen war gemein­sam, dass die “einfa­chen Leute”, vor allem die Bauern und klei­nen Hand­wer­ker, keiner­lei Rechte besa­ßen. Es war das System des Feuda­lis­mus. Die Herr­scher walte­ten in ihrem Gebiet, wie sie woll­ten. Wer sich auflehnte und Wider­stand leis­tete, wurde erbar­mungs­los verfolgt und hinge­rich­tet. Die Kirche über­nahm dabei die mora­li­sche Recht­fer­ti­gung dieser Unter­drü­ckung.

Schon in den Jahr­zehn­ten zuvor gab es aber immer wieder Aufstände gegen diese Entrech­tung der Menschen, beson­ders in Würt­tem­berg und Baden. Die zahl­rei­chen Erhe­bun­gen vor allem in südwest­deut­schen Städ­ten zwischen 1509 und 1514 waren von den ärme­ren und unter­pri­vi­le­gier­ten Schich­ten getra­gen und gegen die ökono­mi­schen und poli­ti­schen Privi­le­gien der Patri­zier und des Klerus gerich­tet.

Um 1524 brei­te­ten sich die Unru­hen aus, unter ande­rem Rich­tung Osten, nach Thürin­gen, Fran­ken, auch Hessen. Da sich die Zahl der Adli­gen, Beam­ten und Pfaf­fen immer mehr erhöhte, muss­ten die Armen immer mehr Abga­ben zahlen. Die Hälfte der Ernte kassier­ten die Fürs­ten ein, vom Rest konn­ten die Bauern kaum leben. Ihnen gehör­ten die Felder auch nicht, sondern für diese muss­ten sie zusätz­lich noch Pacht zahlen. Weit verbrei­tet war auch die Leib­ei­gen­schaft, bei der die Bauern prak­tisch Eigen­tum der Herr­scher waren.

Um dage­gen aufzu­be­geh­ren, bilde­ten sich an vielen Orten soge­nannte Haufen. Sie wuss­ten, dass man nicht allein gegen die Fürs­ten­will­kür ankam, deshalb schlos­sen sie sich zusam­men. Manche Haufen bestan­den aus eini­gen hundert Bauern, andere aus Tausen­den. Der größte von ihnen war der Baltin­ger Haufen in Südschwa­ben, dort hatten sich um die 12.000 Bauern und Hand­wer­ker zusam­men­ge­schlos­sen, um sich gegen die Abga­ben und Ausbeu­tung zu wehren. Natür­lich haben die Fürs­ten sich das nicht gefal­len gelas­sen und so kam es immer wieder zu Kämp­fen zwischen den bewaff­ne­ten Aufstän­di­schen und den Land­knech­ten der Herr­schen­den.

Im März 1525 trafen sich 50 Vertre­ter verschie­de­ner Haufen in Memmin­gen im Baye­ri­schen Schwa­ben. Sie stell­ten eine Liste von Forde­run­gen auf, die 12 Arti­kel enthielt. Darun­ter Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten wie die Tatsa­che, dass es keine Leib­ei­gen­schaf­ten mehr geben dürfe. Vor allem ging es darum, das wirt­schaft­li­che Leben und Über­le­ben der einfa­chen Bürger zu sichern. Und dass sie sich ihre Pfar­rer selber aussu­chen können. Diese 12 Arti­kel hatte auch die Funk­tion, die vielen verstreu­ten Haufen zu eini­gen. Alle konn­ten sich auf sie beru­fen.

Bereits Ende April zogen immer mehr bewaff­nete Bauern mit ihren Sensen und Mist­ga­beln nach Fran­ken­hau­sen in Thürin­gen. Der Theo­loge Thomas Münt­zer hatte versucht, die Zersplit­te­rung der Haufen zu been­den, weil er erkannte, dass man nur gemein­sam einen Sieg errin­gen könnte. Doch als am 15. Mai 2025 die Schlacht bei Fran­ken­hau­sen begann, waren nur rund 8.000 Aufstän­di­sche vor Ort. Ihnen gegen­über stan­den etwa 6.000 Solda­ten der Fürs­ten­heere, die nicht nur Stich­waf­fen hatten, sondern auch Kano­nen. Der unglei­che Kampf war schnell vorüber, und während es unter den Bauern über 6.000 Todes­op­fer gab, wurden nur sechs Söld­ner getö­tet. Der Ort des Massa­kers heißt bis heute Blut­rinne.
Thomas Münt­zer wurde verhaf­tet, gefol­tert und wenige Tage später hinge­rich­tet. Auch 300 Über­le­bende der Kämpfe sind im Nach­hin­ein noch ermor­det worden. Insge­samt wurden während der Aufstände über 70.000 Bauern getö­tet.

Die Bauern­kriege waren erste Versu­che, eine gerechte und mensch­li­che Gesell­schaft zu errei­chen. Sie hatten jedoch nicht einig gekämpft, waren zu oft nur auf die Verbes­se­rung ihrer eige­nen Situa­tion bedacht, anstatt das große Ganze zu sehen. Münt­zer hatte das erkannt und hat versucht, die Haufen zu eini­gen. Was ihm nicht gelang, konn­ten jedoch die Fürs­ten: Sie schlos­sen sich trotz vieler Diffe­ren­zen zusam­men und konn­ten so die Aufstän­di­schen besie­gen.

Sowohl die Papst­kir­che, als auch der soge­nannte Refor­ma­tor Martin Luther sahen die gott­gläu­bi­gen Bauern und Hand­wer­ker als ihre Feinde und stell­ten sich klar an die Seite der Herr­schen­den. Luther veröf­fent­lichte 1525 die Schrift “Wider die mörde­ri­schen und räube­ri­schen Rotten der Bauern”. Darin steht: “Man soll sie zerschmei­ßen, würgen, stechen, heim­lich und öffent­lich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschla­gen muss.” So geschah es dann auch.

Trotz ihrer Nieder­lage hatten die Bauern­kriege für spätere Gesell­schaf­ten eine wich­tige Funk­tion. Sie legten die Grund­lage für ein demo­kra­ti­sches System, weil sie zum ersten Mal grund­le­gende Frei­heits- und Menschen­rechte nieder­schrie­ben.

In diesem Früh­jahr im Jahr 2025 wird in Deutsch­land an die 500 Jahre zurück­lie­gen­den Bauern­kriege gedacht. Dabei ist es erst acht Jahre her, dass der üble Anti­se­mit Martin Luther noch 2017 groß gefei­ert wurde.
Was für eine Verlo­gen­heit, was für eine Doppel­mo­ral!

Foto 1: Roland.h.bueb

Wiki­me­dia Commons, CC BY 3.0

Foto 2: Jörg Blobelt

Wiki­me­dia Commons, CC BY-SA 4.0
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