High-Tech-Tunnel in die Pampa

Nach ledig­lich elf Jahren Bauzeit wurde am Sonn­tag Nach­mit­tag der Tier­gar­ten­tun­nel (offi­zi­elle Bezeich­nung: Tunnel Tier­gar­ten Spree­bo­gen, TTS) eröff­net. Mit 2,4 Kilo­me­tern Länge ist es der längste Tunnel Berlins — und gleich­zei­tig der schmalste. Denn im Gegen­satz zu den ande­ren Tunneln der Stadt handelt es sich hier nicht um eine Auto­bahn, sondern um eine Stadt­straße. Stre­cken­weise steht den Auto­fah­rern pro Rich­tung nur eine einzige Fahr­spur zur Verfü­gung. Trotz­dem rech­net der Senat damit, dass etwa 50.000 Fahr­zeuge täglich den Tunnel nutzen werden, davon ca. 5000 Last­wa­gen.
Eine Beson­der­heit des Tier­gar­ten­tun­nels ist nicht nur die ewig lange Zeit bis zur Eröff­nung, sondern auch, dass er für die Nutzer sehr unbe­quem ist. Neben der Enge gibt es auf der rela­tiv kurzen Stre­cke nur zwei Meter breite Zufahr­ten zum Haupt­bahn­hofs-Park­platz, LKW-Versor­gungs­zu­fahr­ten fürs gesamte Areal des Pots­da­mer Plat­zes sowie Ein- und Ausfahr­ten am Kemper­platz und der Inva­li­den­straße. Dazu kommen die sehr stei­len Rampen an den Zufahr­ten, hier können die Auto­fah­rer bewei­sen, ob sie das Anfah­ren am Berg noch beherr­schen.

Neben diesen Unzu­läng­lich­kei­ten erschließt sich auch die Stra­ßen­füh­rung nicht wirk­lich als sinn­voll. Im Süden beginnt der Tunnel nicht etwa an einer wich­ti­gen Kreu­zung, sondern irgendwo am Land­wehr­ka­nal zwischen Pots­da­mer Brücke und Köthe­ner Straße, wo gerade Platz war. Sowohl für die die Auto­fah­rer aus Kreuz­berg als auch für die aus Schö­ne­berg ist es kürzer, wenn sie zur Ausfahrt Kemper­platz durch­fah­ren und dort Rich­tung Norden abtau­chen. Viel­leicht wurde die Abfahrt am Reich­spiet­schu­fer auch gebaut, um die vor 20 Jahren gestoppte Südtan­gente, also die Auto­bahn­ver­län­ge­rung vom Schö­ne­ber­ger Kreuz zum Land­wehr­ka­nal, doch noch zu erzwin­gen. Und da man am Pots­da­mer-Platz-Areal eh gerade am Bauen war, konnte man auch gleich noch einen Auto­tun­nel errich­ten.
Die Ausfahrt im Norden an der Heide­straße ermög­licht zwar die Weiter­fahrt nach Wedding und Moabit, liegt aber auch etwas abseits. Zudem endet der Tunnel hier am Lehr­ter Güter­bahn­hof, der mitt­ler­weile still­ge­legt ist und für den es keine konkrete Planung gibt. Rich­tig freuen werden sich aber die Fahrer der Spedi­tio­nen aus der Heide­straße, denn sie haben nun eine prima Anbin­dung nach Schö­ne­berg. Viel mehr als diese Firmen sowie drei Wohn­häu­ser gibt es hier in der Heide-Pampa aller­dings nicht.
Dafür ist der Tier­gar­ten­tun­nel aber der modernste Deutsch­lands. Die sensi­ble Sicher­heits­tech­nik verhin­derte bereits die geplante Eröff­nung im vergan­ge­nen Septem­ber. Künf­tig wird es bereits bei klei­nen Auffahr­un­fäl­len eine auto­ma­ti­sche Sper­rung des Tunnels geben, so dass sich der Verkehr dann doch wieder durch den Tier­gar­ten rollt.

Sinn­voll dage­gen ist die Sper­rung der Entlas­tungs­straße zwischen Kemp­ler­platz und der Straße des 17. Juni, wo einst die Sieges­al­lee verlief. Der Sieg blieb erfah­rungs­ge­mäß aus, so braucht man die Straße auch nicht mehr. Statt­des­sen wird das östli­che Stück des Tier­gar­tens, das bisher vom eigent­li­chen Park getrennt war, mit ihm zusam­men­ge­führt, so dass die Spazier­gän­ger demnächst vom Großen Stern bis zur Ebert­straße laufen können. Also sind die 390 Millio­nen Euro für den Tier­gar­ten­tun­nel doch noch gut ange­legt…

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