Wildwest im Mittleren Osten

Bin ich eigent­lich der Einzige, der die “Hurra!”-Rufe zum Kotzen findet, die derzeit auf den meis­ten Medi­en­ka­nä­len gesen­det werden? Sicher war Osama bin Laden ein Terro­rist, zumin­dest wenn es stimmt, dass er an diver­sen Anschlä­gen gegen Zivil­be­völ­ke­rung auf mehre­ren Kontio­nen­ten betei­ligt war. Mit den Angrif­fen seiner Bewe­gung al-Qaida wurden nicht nur den soge­nann­ten west­li­chen Gesell­schaf­ten Scha­den zuge­fügt, sondern vor allem auch musli­mi­schen Menschen über­all auf der Welt. Teils direkt, weil die eben­falls Opfer der funda­men­ta­lis­ti­schen Reli­gion wurden, teils indi­rekt, weil die Anschläge bei vielen Nicht-Moslems ein nega­ti­ves Bild über den Islam und dessen Anhän­ger gemalt haben.

Bin Laden war derma­ßen Ever­y­bo­dys Staats­feind Nr. 1 wie es vorher wohl nur Hitler und Stalin geschafft haben. Aber gibt dies den Angrei­fern das Recht, ihn zu erschie­ßen? Gab es keine Chance, ihn statt­des­sen zu verhaf­ten, aus Paki­stan auszu­flie­gen und irgendwo vor Gericht zu stel­len? Die Berichte aus der US-Regie­rung sagen natür­lich, dass es diese Möglich­keit nicht gab. Doch es fällt schwer, ihr zu glau­ben, zu viel­fäl­tig sind die nega­ti­ven Erfah­run­gen vor allem mit den soge­nann­ten Spezi­al­ein­hei­ten, die die Lynch­kul­tur einer demo­kra­ti­schen Justiz vorzie­hen. Die Reak­tio­nen aus den USA — sowohl von der Regie­rung als auch aus der Bevöl­ke­rung — unter­strei­chen diesen Verdacht. Sollte even­tu­ell verhin­dert werden, dass ein gefan­ge­ner Bin Laden seine zweite Märty­rer­kar­riere begin­nen kann, dies­mal im Gefäng­nis und später vermut­lich auf dem Elek­tri­schen Stuhl?

Ich weine dem Kerl keine Träne nach. Aber dass die Ermor­dung eines Menschen so gefei­ert wird, ist sehr bedenk­lich. Und was bedeu­tet das für die nähere Zukunft? Werden nun auch Ghad­dafi, Assad, Kim Jong Il usw. gemeu­chelt?
Das Hoch­le­ben dieses Mords durch die deut­schen Poli­ti­ker finde ich noch wider­li­cher. Bundes­kanz­le­rin Merkel, immer­hin Vorsit­zende einer sich selbst als christ­lich bezeich­nen­den Partei, begrüßt den Tod Bin Ladens. Außen­mi­nis­ter Wester­welle natür­lich auch, von ihm erwar­tet man ja nichts ande­res. Todes­strafe ohne Gerichts­ver­fah­ren ist Lynch­jus­tiz. Und dass sie und auch andere Poli­ti­ker so unkri­tisch die Tötung Bin Ladens guthei­ßen, finde ich nur noch ekel­haft.

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Alina

Du hast es nicht zum ersten Mal probiert. Dies­mal aber hat es geklappt. Längst konn­ten deine Freunde dich nicht mehr errei­chen. Und auch deine Freun­din hat schließ­lich aufge­ge­ben. Der Sog hat dich erfasst und deine […]

8 Kommentare

  1. Man hätte ja auch gerne in einem Gerichts­ver­fah­ren den Nach­weis einer Verbin­dung zwischen Bin Laden und 9/11 erhal­ten.

  2. Daß bin Laden für die Anschläge von New York und das Penta­gon verant­wort­lich ist, hat er ja selbst gesagt. Trotz­dem hätte man versu­chen sollen, ihn zu verhaf­ten.
    Aber viel­leicht hätte er bei einem Prozeß darauf hinge­wie­sen, dass Amerika ihn früher subven­tio­niert hat. Das wollen sie natür­lich nicht mehr hören.

  3. Du sprichst mir aus der Seele. Es ist unge­heu­er­lich, dass alle Rechts­staat­li­chen Grund­sätze mit den Füssen getre­ten werden. Hinrich­ten, den Leich­nam mitneh­men und ins Meer werfen. Einfach unge­heu­er­lich. Dass die Merkel und Ihr Aussen­mi­nis­ter sich mal wieder dane­ben beneh­men ist ja mitt­ler­weile nicht neues.

  4. Mir geht es genauso. Wenn er sich der Verhaf­tung wider­setzt hat und dabei erschos­sen worden ist, ist es halt passiert. Ich kann mir auf der einen Seite nicht vorstel­len, dass er sich frei­wil­lig verhaf­ten gelas­sen hätte, dazu ist der Gewinn eines Märty­rer­to­des für seine Sache einfach zu groß. Auf der ande­ren Seite glaube ich, dass es sowieso ein Kill-Job war. Sozu­sa­gen eine Win-Win-Situa­tion für beide Seiten.
    Das eigent­lich wider­li­che der ganzen Sache sind die Reak­tio­nen von offi­zi­el­ler Seite: Wie kann denn ein Innen­mi­nis­ter seinen Kolle­gen beglück­wün­schen, wenn gerade jegli­che Rechts­staat­lich­keit mit Füßen getre­ten worden ist? Wie kann unsere Kanz­le­rin als Regie­rungs­chefin Freude beim Tod eines Menschen empfin­den? Wie kann der oberste Reprä­sen­tant unse­res Landes eine Tötung, sei es Absicht oder “Unfall”, als unschätz­ba­ren Erfolg anse­hen?
    Manch­mal kann man gar nicht so viel essen, wie…!

  5. Dass OBL es selbst gesagt haben soll, dass er für die Anschläge verant­wort­lich gewe­sen sein soll, wird gesagt. Jedoch würde man solches doch gerne in einem ordent­li­chen Verfah­ren mit Anklage, Beweis­vor­lage, Vertei­di­gung, Würdi­gung aller Umstände und Zeugen­aus­sa­gen gehört haben; und zwar vor einem inter­na­tio­na­len Gericht (s.a. Den Haag, Nürn­berg). So ist doch die Gewal­ten­tei­lung aufge­ho­ben.

  6. Guan­ta­namo, Abu Graig, Water­boar­ding, Todes­strafe, Hinrich­tung usw. Was hat diese Macht mit Rechts­staat zu tun ?

  7. Gemeu­chelt wurde schon immer, insbe­son­ders gerne andere Staats­män­ner, denn die darf man aus diplo­ma­ti­schen und poli­ti­schen Grün­den nun mal nicht einfach auf offe­ner Strasse erschie­ßen. Nur lässt man das übli­cher­weise die dafür vorge­se­he­nen stel­len, vulgo Geheim­dienste, tun.

  8. Die Einen töten unter dem Mantel des Terro­ris­mus.

    Die Ande­ren töten unter dem Mantel des demo­kra­ti­schen Rechts­staa­tes.

    WO ist da bitte der (“mora­li­sche”) Unter­schied???

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