Zwei bedenkliche Meldungen

Zwei Meldun­gen stehen heute in der Berli­ner Zeitung, die auf den ersten Blick nichts mitein­an­der zu tun haben. Und doch drehen sich beide um das glei­che Thema: Wie soll die Gesell­schaft in Zukunft ausse­hen und welchen Stel­len­wert haben darin die poiti­schen Parteien?

In Russ­land hat Wladi­mir Putin für die Zeit nach der Präsi­den­ten­wahl im kommen­den Jahr eine “poli­ti­sche Säube­rung” ange­kün­digt. Soge­nannte Säube­run­gen waren schon das Mittel von Josef Stalin, der einst für Millio­nen von Morden an Oppo­si­tio­nel­len verant­wort­lich war.

In Deutsch­land empört sich zur glei­chen Zeit das CDU-Präsi­dium über den Bundes­prä­si­den­ten, weil der sich in den vergan­ge­nen Tagen kritisch zur Regie­rungs­po­li­tik geäu­ßert hatte. Wulff hatte gesagt, dass bei den Grund­satz­ent­schei­dun­gen zum Atom­aus­stieg und zur Euro-Stabi­li­sie­rung der Bundes­tag nicht weit genug einge­bun­den war. Diese Meinungs­äu­ße­run­gen eines Staats­ober­haupts soll­ten eigent­lich normal sein und eher zum Nach­den­ken anre­gen, immer­hin geht es um die Grund­la­gen der Demo­kra­tie, die dem Parla­ment beson­dere Rechte zuge­steht. Statt­des­sen schäumt die CDU-Führung, dies wäre ein “billi­ger Anbie­de­rungs­ver­such an die SPD und Grünen”. Er würde damit schon seine Wieder­wahl vorbe­rei­ten, die in vier (!) Jahren statt­fin­det.

Was haben das Vorge­hen von Putin und das der CDU-Führung mitein­an­der zu tun? In beiden Fällen wird versucht, nur die eigene Partei an der Führung zu halten und alle ande­ren wegzu­drü­cken und mund­tot zu machen. Im Falle von Bundes­prä­si­dent Chris­tian Wulff betrifft es sogar ein Partei­mit­glied, das viele Jahre zu den führen­den Poli­ti­kern der CDU gehörte.
Dass Wladi­mir Putin stalin­sche Paral­le­len entwi­ckelt, verwun­dert nicht, wenn man seine Geschichte als KGB-Mann beach­tet. Und auch sein Vorge­hen gegen Michael Chodor­kow­ski oder die Tsche­tsche­nen in Grosny zeugen vom auto­ri­tä­ren Poli­tik­ver­ständ­nis dieses Mannes.
Doch der anti­de­mo­kra­ti­sche Vorstoß der CDU ist eine poli­ti­sche Saue­rei, der darin mündete, ihm die Gratu­la­tion zur einjäh­ri­gen Amts­füh­rung zu versa­gen. Sicher ist dies nur eine Form­sa­che, aber es ist ein Zeichen, wie wenig die Partei sowohl das Präsi­den­ten­amt achtet, als auch die Selbst­ver­ständ­lich­keit, Kritik anzu­neh­men. Es ist die Aufgabe des Bundes­prä­si­den­ten, solche Hinweise zu geben, denn er soll über­par­tei­lich sein und das Wohl des ganzen Landes im Auge haben. Doch die CDU verlangt offen­bar Kada­ver­ge­hor­sam und wittert nun Verrat, so wie es schon ihr unse­li­ger Godfa­ther Kohl prak­ti­ziert hat. Das macht mir Chris­tian Wulff schon fast sympa­thisch. Und es zeigt, wie wenig demo­kra­tisch diese Partei sein kann.

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Zufallstreffer

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Heiligsprechung eines Antisemiten

Lang­sam kann ich es nicht mehr hören: Martin Luther, hier Martin Luther dort. Im Fern­se­hen, auf Plaka­ten, in Veran­stal­tun­gen, über­all wird der Refor­ma­tor verehrt, der vor 500 Jahren dem Chris­ten­tum eine weitere Spiel­art hinzu­ge­fügt hat. […]

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Stille, tiefe Wasser

Man kennt sie aus dem Fern­se­hen, von Demons­tra­tio­nen oder aus der Kneipe: Laut­hals regen sie sich auf, brül­len ihre Paro­len und dass man hier alles in die Luft spren­gen müsste, als erstes “die da oben”. […]

1 Kommentar

  1. Das Verhal­ten der CDU gegen­über Wulff ist m.E. eine Peti­tesse. Warum hat sich Herr Wulff eigent­lich nicht zu der ursprüng­lich beschlos­se­nen Lauf­zeit­ver­län­ge­rung in kriti­scher Weise geäu­ßert?
    Die CDU kämpft um ihre mittel­fris­tige Exis­tenz (ebenso wie die SPD) und das wissen die und — Angst machen Seele krank.
    Was Russ­land betrifft ist das die Fort­set­zung einer langen Tradi­tion, poli­ti­sche Gegner oder dynas­ti­sche Riva­len aus dem Weg zu räumen, die schon lange vor den kommu­nis­ti­schen Putschis­ten von 1917 begann. (siehe die Geschichte der Roma­nows)
    Nur haben die es auf das Niveau eines Völker­mords am eige­nen Volk erho­ben, genauso wie es ein Herr Schick­lgru­ber mit seinem Volk (dem öste­rei­chi­schen) versucht hat und seinen Nach­bar­völ­kern, u.a. dem deut­schen, das dann ja bis zum Schluss eifrig mit getan (begin­nend mit den poli­ti­schen Gegnern, fast voll­endet mit den Juden) hat und sich damit für lange Zeit aus dem kultu­rel­len Teil der Welt ausge­schlos­sen hat.
    Dieses wurde wegen der tota­len Nieder­lage 1945 been­det, zerbro­chen. Russ­land hatte nicht das Glück, es gehörte zu den Siegern, dort ging es weiter — in mode­ra­ter Form bis heute.

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