Faszination Brandenburger Tor

Ich habe ja schon mehr­mals über die Touris­ten am Bran­den­bur­ger Tor geschrie­ben. Zum einen, weil dieser Ort ein Zentrum ist, aber auch, weil ich mit dem Taxi oft auf dem Pari­ser Platz stehe. Das Tor steht bei Berlin-Besu­chern ganz oben auf der Liste der zu besu­chen­den Sehens­wür­dig­kei­ten. Die Atmo­sphäre findet man so an keinem ande­ren Ort der Stadt. Sie erin­nert mich an einen Besuch in Paris, der ist schon mein halben Leben her, und auch in Rom erin­nere ich mich an solche Orte. Sie haben das gewisse Etwas, ein biss­chen was Heili­ges, aber das krie­gen wir hier als Berli­ner gar nicht so mit. Natür­lich hat das Bran­den­bur­ger Tor auch für uns eine spezi­elle Bedeu­tung. Von der Geschichte her, klar, Denk­mal der Teilung usw. Dann gab es hier viele Veran­stal­tun­gen, Konzerte, Partys, Demons­tra­tio­nen. Aber all das ist nicht das glei­che. Für uns ist es eher der Platz, als das Bauwerk.
Für viele Touris­ten ist das anders, sie sehen das Tor viel ehrfurchts­vol­ler als wir. Man muss sie nur mal beob­ach­ten: Fast jeder ist Unter den Linden lang gekom­men, drängt sich an der U‑Bahn-Baustelle oder dem Adlon vorbei — und bleibt erst­mal stau­nend stehen. Mancher macht sehr große Augen, dann nehmen sie sich an die Hand und betre­ten den Platz. Dies ist der Moment, an dem man sie am besten über­fah­ren könnte, denn sie haben jetzt nur Augen für das Tor. Fast erwar­tet man schon, dass sie sich bekreu­zi­gen.
Dann gehen die Foto­ap­pa­rate hoch, wahr­schein­lich ist das Bran­den­bur­ger Tor das meist foto­gra­fier­teste Gebäude Berlin. Der nächste Schritt ist die Berüh­rung des Ange­be­te­nen. Fast niemand durch­quert das Tor, ohne seine Viren an der Wand zu hinter­las­sen. Es ist, als müss­ten die Touris­ten ertas­ten, dass es sich wirk­lich um ein Bauwerk handelt und nicht um eine Luft­spie­ge­lung.
Wenn sie dann dahin­ter stehen, am Platz des 18. März, sehen manche Besu­cher etwas ratlos aus. Ich weiß nicht, was sie dort erwar­tet haben, aber offen­bar keine Straße und keinen Park. Manche ziehen dann noch weiter zum Reichs­tags­ge­bäude, aber die meis­ten kehren wieder um.
Das Bran­den­bur­ger Tor gilt allge­mein als Symbol des wieder­ver­ei­nig­ten Deutsch­lands. Viel­leicht weil es — neben dem Bahn­hof Fried­rich­straße — zu DDR-Zeiten das einzige Gebäude war, das für Ost- und West­deut­sche glei­cher­ma­ßen eine Bedeu­tung hatte. Nur Anfas­sen konn­ten es damals beide nicht.
Ich glaube, dass die meis­ten Touris­ten die Geschichte des Tors gar nicht kennen und sie ihnen auch nicht wich­tig ist. Denn die Info-Tafel, auf der die Histo­rie des Ortes erklärt wird, bleibt meist unbe­ach­tet. Schade, dass sie so viel weni­ger Inter­es­sen­ten findet, als das Bran­den­bur­ger Tor selber. Dabei würden die Besu­cher den Ort dann viel besser kennen­ler­nen. So aber bleibt es meist bei einer kurzen Visite, so wie man woan­ders Disney­land besucht.

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