Mit dem Axel-Springer-Verlag verbindet mich eine mehr als 30-jährige Feindschaft. Seine Zeitungen haben mich oft als Chaot und Terroristenfreund diffamiert und ich fand auch schon immer die populistische Hetze gegen Flüchtlinge und Unangepasste widerlich. Bild und BZ mit ihren schreienden Schlagzeilen bedienen in oft menschenverachtender Weise eine Klientel, die mit ihrer Rübe-ab-Mentalität irgendwo zwischen Stürmer und Kaltem Krieg verortet ist. Undenkbar, mit denen oder auch der Berliner Morgenpost zusammenzuarbeiten. Der einzige Artikel, der dort je von mir erschienen ist, wurde ohne mein Wissen und Einverständnis aus einer anderen Quelle übernommen. Ansonsten beschränkten sich meine Kontakte zum Axel-Springer-Verlag auf gelegentliche Fahrten von Verlagsangestellten mit dem Taxi.
Und nun dies.
Vor Kurzem sprach mich ein junger Mann über Facebook an. Den Account dort nutze ich schon seit Monaten nicht mehr, aber für solche Kontaktaufnahmen lasse ich ihn noch bestehen. Der Mann ist Student bei der Axel-Springer-Akademie, einer Journalistenschule, von denen es in Deutschland nur zwei oder drei nennenswerte gibt. Er recherchiert für seine Präsentation zu einem stadtgeschichtlichen Thema und weil ich dazu was veröffentlicht habe, ist er auf mich gestoßen. Wir telefonierten und verabredeten uns dann in einem Café in meiner Nähe. Dorthin brachte er noch einen Kommilitonen mit, einen zum Schluss recht vollen Schreibblock sowie viele Fragen. Aus der geplanten Stunde wurde mehr als doppelt so viel. Sicher ging es in erster Linie um sein Thema, aber ich wollte natürlich auch was über seine Ausbildung bei Springer wissen.
Er war vorher schon bei der Berliner Zeitung und derzeit lernt er in der Akademie und praktisch bei der Bild. Ob ich damit Probleme habe, wollte er wissen. Natürlich habe ich die, allerdings weiß ich schon zu unterscheiden zwischen ihm und den Machwerken dieser Zeitung.
Eine Woche später konnte ich ihn und seinen Kollegen dann im Verlagshochhaus besuchen. Da gibt es schon vorn in der großen gläsernen Halle einige Sicherheitsvorkehrungen. Jeder Besucher muss seinen Personalausweis vorlegen und erhält dafür eine Karte, die man sichtbar an der Kleidung tragen soll. Dann geht es noch durch einen Metalldetektor und es hätte mich nicht gewundert, wenn ich noch nach eventuellen Vorstrafen befragt worden wäre. So aber stand ich zum ersten Mal im alten Hochhaus des Verlags und freute mich, dass dort noch ein Paternoster in Betrieb ist. Erinnerungen an gefühlt stundenlange Fahrten mit dem im Rathaus Kreuzberg kamen hoch. Aber auch an so manche Aktionen, an denen ich in den 80er Jahren genau hier an diesem Haus beteiligt gewesen bin.
Vor einigen Tagen erst wurde Axel Springer groß gefeiert, weil er sein Verlagshaus einst direkt an der Grenze zu Ost-Berlin errichten ließ. Andererseits setzte er es aber auch mitten auf die Jerusalemer Straße, so dass diese im Fall einer Wiedervereinigung nicht mehr genutzt werden könnte. Und so kam es ja auch, sie endet heute an der Zimmerstraße, anstatt wie früher bis zur Lindenstraße zu führen.
Einige Minuten vor mir war der Bild-Chef Kai Diekmann zu Besuch in der Akademie, sein Geist wehte noch durch die Räume. Das kleine Großraumbüro mit rund 20 Arbeitsplätzen war nur noch zu einem Drittel gefüllt. Einige Minuten konnte ich mich in Ruhe umsehen und fand das Regal mit der Literatur. Dort fiel mir gleich ein geschichtliches Buch auf, mit dem Titel “1968”, einem traumatischen Jahr für den Verlag. In dem Buch sind auch Fotos von den brennenden Auslieferungsfahrzeugen. Nach dem Mordanschlag auf Rudi Dutschke hatten Studenten 1968 den Springer-Fuhrpark auf der anderen Seite der damaligen Kochstraße (heute Rudi-Dutschke-Straße) gestürmt und angezündet. Auch dieser Platz wurde genau auf der einstigen Jerusalemer Straße errichtet.
Meinem kurzen Besuch folgte noch eine weitere Einladung zu einem Empfang in der Akademie im Sommer. Insgesamt hatte ich ja den Eindruck, dass die Jungjournalisten weit weniger ideologisch und skrupellos sind als einige Zeitungen, die in diesem Haus erscheinen. Ich hoffe, dass es so bleibt.
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