Die Armut kommt in die Städte, aber wir wollen sie nicht sehen

Mitt­woch Nach­mit­tag fand ich den Weg zum Haupt­bahn­hof hinter der Lehr­ter Straße 6 von Back­stei­nen und Holz­bal­ken versperrt. Was ist passiert?
Heute ist das alte, knapp hinter der Mauer zu den Klein­gär­ten stehende Back­stein­häus­chen abge­ris­sen worden. Seit vielen Jahren haben hier immer wieder Obdach­lose eine zeit­wei­lige Bleibe gefun­den. Im Niemands­land. Seit eini­ger Zeit campier­ten Fami­lien dort und erwei­ter­ten die Behau­sung mit eini­gen Zelten. Sie sollen von einem ande­ren Bahn­ge­lände vertrie­ben worden sein. Das Essen wurde auf einem Grill zube­rei­tet. Abends loderte ein klei­nes Feuer. Die Müll­halde aller­dings ist auch größer gewor­den.
Ich liebe diesen Weg und gehe hier gerne. Ein biss­chen Wild­nis in der Groß­stadt. Nie habe ich mich unwohl dabei gefühlt. Auch die letz­ten Bewoh­ner grüß­ten freund­lich zurück. Viel­leicht war es nicht immer so fried­lich. Die Einbrü­che in die Lauben der Klein­gärt­ner auf der ande­ren Seite der Mauer haben zuge­nom­men in den letz­ten Jahren. Aber das werden wohl kaum dieje­ni­gen machen, die direkt nebenan wohnen.
Auch beim Mittel­be­reich Lehr­ter Straße wurden die Lauben, sofort nach­dem die Klein­gärt­ner sie verlas­sen muss­ten, abge­ris­sen und ein Jahr später die Sand­dorn­bü­sche und Pappeln gero­det, nach­dem sich auch hier Menschen in klei­nen selbst­ge­bau­ten Hütten und Zelten, versteckt vor der Öffent­lich­keit, ange­sie­delt hatten. Dennoch: es wird sich nicht vermei­den lassen, dass unge­nutz­tes Gelände, unge­nutzte Gebäude bewohnt werden von denen, die keine Wohnung haben. Wir werden uns daran gewöh­nen müssen, auch wenn es nicht jedem gefällt.

Susanne Torka

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