“Buddy-Bären moralisch verschlissen”

Seit eini­gen Jahren bevöl­kern die Buddy-Bären unsere Stadt. Kein Berli­ner oder Tourist kann ihnen entkom­men, sie stehen an hunder­ten Orten, meis­tens allein. Den meis­ten Leuten sind die Bären wahr­schein­lich egal, manche finden sie sehr gut und andere hassen sie. Zu denen gehört offen­bar Kultur­se­na­tor Thomas Flierl. Anders sind seine verba­len Ausfälle nicht zu deuten.

Es geht um eine Idee der Initia­to­ren der Buddy-Bären, des Ehepaars Herlitz. Seit drei Jahren schi­cken Sie über 100 Bären durch die Welt. Die “United Buddy Bears” reprä­sen­tie­ren Mitglied­staa­ten der Verein­ten Natio­nen und werben Hand in Hand für Völker­ver­stän­di­gung, fast jedes Land hat einen Bären, der meist von Künst­lern aus dem entspre­chen­den Staat bemalt wurde. Der Kreis der Bären stand bereits in Tokio, Istan­bul, Seoul, Hong Kong, am Bran­den­bur­ger Tor und derzeit sind sie auf der Heim­reise aus Sidney. Es sind Botschaf­ter einer gut gemein­ten Sache und sie kosten dem Steu­er­zah­ler kein Geld, da alles privat finan­ziert wird.

Im Sommer soll der Kreis der 140 Buddy-Bären nun in Mitte auf dem Bebel­platz stehen. Dage­gen läuft der PDS-Sena­tor Sturm, angeb­lich, weil sich unter dem Platz das Mahn­mal für die Bücher­ver­bren­nung befin­det. Flierl geifert in einem “Taz”-Interview, in dem er die Bären als “spie­ßig”, “ästhe­tisch und mora­lisch verschlis­sen” und “zu Maskott­chen herun­ter­ge­kom­me­nen Werbe­fi­gu­ren” und den Kreis der inter­na­tio­na­len Bären als “kitschi­gen Massen­auf­marsch” bezeich­net, gegen die Aufstel­lung der Bären.
Merk­wür­dig, da doch gerade er, dem man seine Herkunft aus einer sozia­lis­ti­schen Gesell­schafts­ord­nung oft über­deut­lich anmerkt, plötz­lich etwas gegen inter­na­tio­nale Verstän­di­gung hat. Merk­wür­dig auch, dass dieser Kreis der Bären unmo­ra­lisch sein soll, nicht aber die Alko­hol­bu­den, die Eisbahn und die großen Werbe­trans­pa­rente, mit denen der Platz im Winter wochen­lang zuge­stellt war. Und merk­wür­dig ist auch, dass er dann dage­gen ist, die Bären statt auf dem Bebel­platz im Lust­gar­ten aufzu­stel­len. Offen­bar schwingt hier jemand aus rein persön­li­chen Grün­den die mora­li­sche Keule, misst gleich­zei­tig aber mit zwei­er­lei Maß.

Dass Berlin mit den Bären zum Null­ta­rif eine sehr gute Außen­wir­kung erzielt, die über­all als posi­tiv und welt­of­fen erfah­ren wird, inter­es­siert den Sena­tor nicht. Zitat Flierl: “Viel­leicht könnte man sie in die Königs­al­lee stel­len und den seri­el­len Charak­ter preu­ßi­scher Ahnen­be­zie­hun­gen auf den seri­el­len, unifor­mier­ten Charak­ter dieser Bären über­tra­gen.” Aber, Herr Flierl: Eine Königs­al­lee gibt es in Berlin doch gar nicht. Nur eine Koenigs­al­lee, aber die hat nichts mit dem Adel zu tun, sondern ist benannt nach einem Bankier Felix Koenigs…
Bleibt also nur zu hoffen, dass sich der Herr Sena­tor nicht durch­set­zen kann, denn dass die Bären viele Anhän­ger haben, sieht man immer dann, wenn der Kreis irgendwo öffent­lich ausge­stellt wird.

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