Da es am Anfang des 19. Jahr­hun­derts noch keine Schul­pflicht gab, konn­ten viele Kinder und Jugend­li­che nur im Fami­li­en­kreis unter­rich­tet werden. Ledig­lich die wohl­ha­ben­den Fami­lien konn­ten es sich leis­ten, ihre Kinder auf private Schu­len zu schi­cken. “Länger als ein halbes Jahr­hun­dert ist das Voigt­land ohne Schule gewe­sen. Die weni­gen, welche sich Schul­kennt­nisse aneig­nen woll­ten, gingen zur Stadt. Allein schon 1810-12 verlang­ten viele nach einer Schule, und 1813 wurde der Lehrer Hinder­sin veran­laßt, die erste Schule hier anzu­le­gen. Man muß sich frei­lich darun­ter nicht ein palast­ähn­li­ches Gebäude, wie die erste Kommu­nal­schule, mit geräu­mi­gen, hohen und hellen Klas­sen denken, in der alles in pünkt­li­cher Ordnung getrie­ben wird. Die erste voigt­län­di­sche Schule im Hause Brun­nen­straße 1 war ein beschei­de­nes zwei­fenst­ri­ges Zimmer, wo so viele Kinder hinein­ge­preßt wurden, als kamen, und wo der Schul­meis­ter mit dem Stock nicht wenig zur Bildung beitrug. Lesen, Reli­gion, ein wenig Schrei­ben und Rech­nen, aber alles in sehr beschei­de­nem Maße, umfaßte die ganze Bildung der voigt­län­di­schen Jugend; später wurde diese Schule in ein geräu­mi­ge­res Lokal, Brun­nen­straße 43, verlegt. Kaum aber war so ein Anfang von Schule gemacht, so zeigte sich ein viel größe­res Bedürf­nis, und 1823 bestan­den außer der genann­ten noch zwei Schu­len für Armen-Kinder, die Költz­sche, später Weid­ner­sche Schule, Acker­straße 57 und die Klein­sche Schule, Acker­straße 12. Aber auch diese genüg­ten dem wach­sen­den Bedürf­nisse nicht. Deshalb wurde 1825 das neue Schul­haus, jetzt Pfarr­haus, Inva­li­den­straße Nr. 5, für 6.000 Rthlr. von der Kommune gebaut und Ostern 1826 bezo­gen.”
Für die Kinder, die tags­über zu den Einnah­men des Haus­halts durch Arbeit beitra­gen muss­ten, wurde 1835 eine Art Abend­schule einge­rich­tet, so dass theo­re­tisch alle Kinder eine Schule besu­chen konn­ten. Die Erwar­tun­gen, die die Eltern in den Fami­li­en­häu­sern mit dem Schul­be­such ihrer Kinder verban­den, geht aus dem hervor, was der Pfar­rer Kuntze nach einem Besuch bei einer Frau Unger berich­tete: “Die Frau erzählte mir mit freud­vol­lem Auge, daß die Kinder soviel lernen in der Schule. Es ist merk­wür­dig, wie diese Armen darauf rech­nen, daß ihre Kinder durch den Schul­un­ter­richt aus dem Elende heraus­kom­men.” Realis­ti­scher schien das der Schnei­der Engel­mann zu sehen, der ursprüng­lich nur für wenige Monate in die Fami­li­en­häu­ser ziehen wollte, um Miete zu sparen. Hier fand er aber keine Kund­schaft, wurde mit jedem Tag ärmer und durfte zuletzt gar nicht mehr hoffen, aus dem Vogt­land wieder heraus­zu­kom­men. Ihm tat vor allem sein Sohn leid, weil der nun hier zur Schule gehen musste, was sich sehr von der vorhe­ri­gen Schule in der Stadt unter­schied. Über den Sohn des Tage­löh­ners Berwig heißt es: “Ein neun­jäh­ri­ger Knabe besucht seit fünf Jahren die Schule, liest noch ganz schlecht und kann gar nicht rech­nen. Einige Schuld mag an der Unge­leh­rig­keit des Knaben liegen, die größere aber fällt auf die untere Knaben­schule im Fami­li­en­hause.”

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