In den letzten Tagen gab es um die Anschutz-Arena in Friedrichshain ja schon eine Menge Rummel. Die einen nennen sie “Null-zwei-Welt”, “Oh-tu-world” oder (wie die Kollegen von Spreeblick:) “Sporthalle Mitte”. Bei der Eröffnung am vergangenen Mittwoch trafen sich Gegner und Befürworter der Halle von derselben, wobei letztere es vorzogen, sich vor allem von den Männern in grünen Uniformen vor ersteren schützen zu lassen. Manche stürmten eine Bühne, weil sie es doof fanden, dass sie nicht eingeladen waren und auch die ganze Halle nicht mögen.
Verständlich.
Die Ankündigung der Betreiber, dass hier bis zu 30.000 neue Arbeitsplätze entstehen, glaubt eh niemand, das wären doppelt so viele Menschen, wie in die Halle reinpassen. Und dass die Arena gebraucht wird, ist auch nicht nachvollziehbar, immerhin jammern die Betreiber der anderen großen Veranstaltungsstätten, dass sie nicht ausgelastet sind.
Die Nachteile dagegen überwiegen: Auf dem einstigen Bahngelände befanden sich seit den 90er Jahren mehrere Clubs wie das Nontox oder die Busche, die abgerissen wurden. Unmittelbar an der Spree wurde eine riesige beleuchtete Werbetafel aufgestellt, die den Blick entlang der Spree total dominiert. Sogar eine Teil der East Side Gallery wurde entfernt, nur damit man von der Spree aus einen Blick auf die Halle hat. Vor allem aber sind die Folgen für die Stadtentwicklung gar nicht absehbar. Mit solchen, durch Investorengelder finanzierte Großkotzprojekte, wird das Gesicht der Stadt unwiderruflich beschädigt. Ich meine nicht nur das Aussehen des Komplexes, das an eines der vielen Shopping-Center erinnert, sondern vor allem die 1400-Quadratmeter-Werbe-Leuchtfläche. Mit der Anzahl der Reklamewände in Berlin sinkt das Wohlfühlbefinden. Seit Jahren wird man bereits mit haushohen Werbeplakaten zugeknallt, nun kommen ständig neue Reklamebildschirme dazu. Die Mega-LED-Wand an der Oh-no-Arena ist ja nicht die erste, sondern nur die (bisher) größte. “Im vollen Licht auch die Scheiße glitzert”, sagt dazu ein venezianisches Sprichwort.
Immer wenn ich über die Oberbaumbrücke komme, geht mein Blick Richtung Westen: Die dunkle Spree, die Bahnbrücke, im Sommer die Strandbars, die Pfeiler der kriegszerstörten Brommybrücke mitten im Wasser, die Lichter in den Häusern an der Jannowitzbrücke — es ist immer ein schöner Anblick gewesen. Seit einiger Zeit ist auch dieser Blick getrübt: Zusätzlich zu ihrer Riesenreklamewand an der Halle wurde noch eine große Werbetafel ans Ufer der Spree gestellt. Natürlich auch beleuchtet, damit sie möglichst effektiv stört.
Stück für Stück wird uns so Lebensqualität genommen, zum Zweck der Profitmaximierung einiger weniger. Senat und Bezirke glauben die heiligen Versprechungen, dass ja auch sooo viele Arbeitsplätze geschaffen werden und genehmigen jeden Müll. Eine Verpflichtung dazu gibt es jedoch nicht. Es wäre wenigstens ein geringer Trost, stattdessen aber tauchen in den Meldungen nur immer wieder Massenentlassungen auf.
Es bleibt wohl nur zu hoffen, dass dieses O2-Raumschiff irgendwann abhebt und mitsamt seiner Mega-Werbetafel im Weltraum verschwindet.
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