Der Volkspark im Norden Charlottenburgs ist nach dem Tiergarten der zweitgrößte Park Berlins und der letzte Rest eines ehemaligen Wald- und Heidegebiets, das einst von Moabit bis nach Tegel reichte. In Moabit erinnert der Name Waldstraße noch immer daran. Und selbst der S‑Bahnhof Jungfernheide ist mittlerweile etwa einen Kilometer vom eigentlichen Park entfernt.
Ihren Namen hat die Jungfernheide vom Spandauer Nonnenkloster, das im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Bis etwa 1800 diente sie als königliches Jagdrevier, danach wurde sie als Schieß- und Exerzierplatz genutzt. Die Stadt Charlottenburg kaufte 1904 einen Teil des Gebietes und wollte es zu einem Park umbauen, was sich aber immer weiter verzögerte. Nachdem Charlottenburg 1920 nach Berlin eingemeindet wurde, wurde schrittweise bis 1926 der Jungfernheidepark nach Plänen des Charlottenburger Gartendirektors Erwin Barth angelegt. Barth legte Wert darauf, dass ein Großteil des Baumbestands erhalten blieb, so wurde der Park also in den Wald hineingebaut. Nur im mittleren Teil schlug man eine große Schneise, hier entstanden u.a. große Spiel- und Liegewiesen, Spielplätze und ein künstlicher See mit einer 3 Hektar großen Insel, die über zwei Brücken erreichbar ist. Am östlichen Ende markiert der 28 Meter hohe Wasserturm einen Höhepunkt der Jungfernheide.
Heute erreicht man den Park sehr gut von U‑Bhf. Halemweg auf der U7. Man taucht sofort in den Wald ein und als erstes fallen einem die Schilder auf, die vor dem Verlassen der Wege warnen. Der alte Baumbestand ist zu einer Gefahr für die Spaziergänger geworden.
Wir wählen einen Rundgang in Uhrzeigerrichtung. Auf einem Hauptweg erreichen wir einen kleinen Platz, von dem man den “Kulturbiergarten” betreten kann. Kultur gibt es manchmal, Bier immer. Etwas abgeschieden kann man hier seinen Spaziergang unterbrechen, aber wir haben ja gerade erst angefangen. Das dazugehörige Freilufttheater ist geschlossen, aber hier hängt ein aktuelles Programm aus. 2000 Besucher fasst es. Ob auch mal so viele kommen?
Auf dem Weg weiter Richtung Westen liegen ein Bauspielplatz sowie eine Hundeauslauf-Anlage. Beide sind fest verschlossen und anscheinend nicht mehr in Betrieb. Oder nur innerhalb der Woche? Jedenfalls scheinen beide Anlagen sehr überholungsbedürftig zu sein.
Dann sehen wir schon das Wasser des Jungfernheidesees. Am östlichen Ufer ein Strand, bei dem warmen Wetter liegen ein paar Einzelne, Pärchen und Familien am Wasser, aber nur wenige baden auch. Bald erreicht man die Brücke, die zur Insel führt. Sie muss nur ca. zehn Meter Wasser überwinden, es sind hier alles keine großen Distanzen. Am Wasser entlang kommt man an zwei kleineren Häuschen vorbei, Pavillons, die den Spaziergängern zur Pause errichtet wurde.
Auch am westlichen Ende des Sees baden Leute, mehr als gegenüber. Jedoch ist dies hier ein offizielles Freibad, abgezäunt, sauber und es bietet einige Annehmlichkeiten wie Imbiss und Lokal, Toiletten und Umkleidekabinen. Der Nichtschwimmerbereich ist deutlich mit einer rot-weißen Kette abgezäunt, es sind vor allem Familien mit Kindern hier. Das kleine Strandbad, ein Familienbetrieb, ist auch bei heißem Wetter nicht überfüllt.
Hinter dem Bad geht es nördlich des Sees wieder zurück. Nur wenige Meter in einen Weg, durch eine kleine Gittertür — und man steht auf einem großen Sportgelände, mit mehreren Fußballplätzen, Vereinshaus, Gaststätte und mobilem Imbiss. Heute am Sonntag ist hier eine Menge los. Man kann sich mit einem Getränk in den Schatten setzen und den Sportlern beim Rennen zusehen.
Oder man setzt seinen Weg weiter fort, am See entlang erreicht man wieder die erste Badestelle. Hier beginnt auch die große Liegewiese, die mehrere hundert Meter weiter durch den Wasserturm abgeschlossen wird. Es ist hier tatsächlich eine Wiese, kein kurz geschnittener Rasen, die man sich allerdings mit zahreichen Maulwürfen teilen muss. Der Wasserturm ist ein expressionistischer Klinkerbau von 1927. Mittlerweile gibt es in seinem Sockelbereich sogar wieder eine Gaststätte.
Im östlichen Teil des Parks hat man nochmal die Möglichkeit, durch Waldgebiet zu wandern. Hier gibt es auch Wildschweine, die in einem Gehege leben. Sie machen sich durch ihren strengen Geruch bemerkbar.
Noch vor einigen Jahrzehnten reichte die Jungfernheide weiter Richtung Osten. Doch mit dem Bau der Stadtautobahn (Kurt-Schumacher-Damm) und des Flughafenzubringers gingen größere Teile verloren. Unter anderem der Platz, an dem sich 1856 der damalige Berliner Polizeipräsident Ludwig von Hinckeldey mit Hans-Wilhelm vom Rochow-Plessow ein Duell lieferte — und erschossen wurde. An dieser Stelle war daraufhin ein Kreuz errichtet worden, das aber mit dem Bau der Stadtautobahn versetzt werden musste und nun am Parkeingang an der Ecke Kurt-Schumacher-/Heckerdamm steht.
Wir gehen nun zurück zum Ausgangspunkt. Die vier Kilometer Rundweg sind schön zu laufen, wenn auch manchmal etwas frustrierend. Denn am Ende heißt es wieder: Das Verlassen der Wege ist verboten. Wegen Baum-Einsturzgefahr.
Foto: Kvikk CC-BY-SA 4.0
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