In Erinnerung an Walter Schilling

Es gibt Menschen, die im Klei­nen wirken, aber trotz­dem Großes errei­chen. Zu denen gehörte auch Walter Schil­ling, der vor fünf Jahren gestor­ben ist. Die, die ihn kann­ten, haben ihn noch lang nicht verges­sen. Er hat die Bewe­gung der oppo­si­tio­nel­len Jugend­be­we­gung in der DDR maßgeb­lich mitge­prägt. Und viele wären sicher andere Wege gegan­gen, hätte er sie nicht unter­stützt.

Schon Schil­lings Eltern waren in der Oppo­si­tion, Mitglie­der der Beken­nen­den Kirche während der Nazi­zeit. Er selber studierte Theo­lo­gie und baute ab 1959 im stali­nis­tisch gepräg­ten Thürin­gen ein vom Staat unab­hän­gi­ges Jugend­heim auf. Viele Jahre betreute er Jugend­li­che, die sich nicht anpas­sen woll­ten, war ihr Ansprech­part­ner, gab ihnen Möglich­keit zur Selbst­fin­dung. Dass viele von denen nicht nur den Staat, sondern auch die Kirche und Reli­gion in Frage stell­ten, war für ihn nur logisch, Jugend braucht Unruhe.

Natür­lich wurde Walter Schil­ling bald von der Staats­si­cher­heit über­wacht. 1974 schloss sie das Jugend­heim, doch Schil­ling arbei­tete im Rahmen der Kirche weiter. In Jena hatte er zu vielen jungen Menschen Kontakt, die bald zur Keim­zelle der DDR-Oppo­si­tion wurden. Aus seiner offe­nen Arbeit ging im ganzen Land auch die „Kirche von unten“ hervor, in der sich in vielen Orten der DDR Jugend­li­che und junge Erwach­sene sammel­ten. Dabei stand dort nicht die reli­giöse, kirch­li­che Arbeit im Mittel­punkt, sondern die gesell­schaft­li­che. Vor allem die Durch­set­zung der Menschen­rechte waren für die KvU wie für Walter Schil­ling zentra­les Thema – und damit natür­lich direkt im Wider­spruch zur offi­zi­el­len Poli­tik, die den Willen der Partei als einzi­gen Maßstab akzep­tierte.

Jena, Saal­feld, über­haupt Thürin­gen war neben Ost-Berlin das Zentrum der DDR-Oppo­si­tion, vor allem der Jugend­li­chen. Bekannte Oppo­si­tio­nelle waren Roland Jahn, Lutz Rathe­now, Jürgen Fuchs, Gerold Pannach und viele andere.

Walter Schil­ling ließ immer wieder Stasi­spit­zel aufflie­gen, die versuch­ten, Jugend­li­che zu werben. Einmal versteckte auch einen jungen Deser­teur der „Natio­na­len Volks­ar­mee“ und erreichte sogar, dass es keine Anklage gegen ihn gab.

Nach dem Zusam­men­bruch der DDR enttarnte er eine Reihe von Pfar­rern, die mit der Stasi zusam­men­ge­ar­bei­tet hatte. Einer brei­te­ren Öffent­lich­keit wurde Schil­ling aber erst bekannt, als er im Dezem­ber 2001 zusam­men mit 40 ande­ren DDR-Bürger­recht­lern eine Erklä­rung gegen die Regie­rung von Gerhard Schrö­der veröf­fent­lichte. Darin beklag­ten sie die zuneh­men­den Akti­vi­tä­ten der Geheim­dienste, staat­li­che Aggres­si­vi­tät gegen Kriegs­geg­ner, die Entmün­di­gung der Bürger/innen, den staat­li­chen Waffen­han­del.

Walter Schil­ling ist noch heute vielen präsent, die in der DDR in der Oppo­si­tion waren, Hunderte hatten unmit­tel­bar Kontakt zu ihm, viele über Jahr­zehnte. Er hat sie geprägt und zu Menschen mitge­formt, die aufmüp­fig und kritisch sind, die sich nicht anpas­sen, nur weil es von den Herr­schen­den so verlangt wird. Einen schö­nen Eindruck bekommt man auch in den beiden folgen­den Aufnah­men.
Walter Schil­ling wurde 82 Jahre alt, er starb am 29. Januar 2013.

Das Walter­lied:

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Für Walter Schil­ling: Die wunder­ba­ren Jahre

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