Letzte Gefechte

Der 2. Welt­krieg ist noch immer nicht vorbei. So mancher Ewig­gest­rige glaubt auch 65 Jahre nach der Befrei­ung vom Faschis­mus und dem Ende des schlimms­ten Krie­ges der Mensch­heits­ge­schichte, dass er die Ergeb­nisse des Wahn­sinns rück­gän­gig machen müsste. Das Leid, das von hier aus ging, fiel wieder auf Deutsch­land zurück. Mit Konse­quen­zen, die sich die deut­sche Herren­rasse vorher nicht hat vorstel­len können.
Dazu gehört auch die Vertrei­bung der Deut­schen aus den eins­ti­gen Ostge­bie­ten. Die Sieger des Krie­ges teil­ten das Angrei­fer­land nach der Nieder­schla­gung auf und kassier­ten große Gebiete ein, die wir heute nur noch als Stra­ßen­na­men kennen. Schle­sien gehört dazu, Ostpreu­ßen, Pommern und Neumark (Ostbran­den­burg). Die dort lebende deut­sche Bevöl­ke­rung wurde gede­mü­tigt und vertrie­ben, mehr als acht Millio­nen Menschen gingen Rich­tung Westen. Bei der Pots­da­mer Konfe­renz im Sommer 1945 wurden die Gebiete größ­ten­teils dem neuen Staat Polen zuge­schla­gen, die Flüsse Neiße und Oder wurden damals als Grenze zwischen Deutsch­land (später DDR) und Polen fest­ge­legt.

In der neu entstan­den­den Bundes­re­pu­blik und der DDR waren die Vertrie­be­nen nicht gern gese­hen. Es waren sehr arme Zeiten, die Brüdern und Schwes­tern aus dem Osten lagen nun zusätz­lich auf der Tasche. 1950 grün­de­ten sich die ersten Vertrie­be­nen-Verbände, 1957 entstand daraus der “Bund der Vertrie­be­nen” (BdV), aufge­teilt in soge­nannte Lands­mann­schaf­ten. Von Anfang an forderte er die Rück­gabe der deut­schen Ostge­biete, darun­ter sogar des Sude­ten­lan­des, das nur wenige Jahre über­haupt zum Deut­schen Reich gehört hatte. Dass die Abtren­nung der Gebiete Ergeb­nis des deut­schen Angriffs­krie­ges war, inter­es­sierte den Verband nicht. So waren auf den jähr­li­chen Tref­fen, die seit Jahr­zehn­ten in Berlin statt­fin­den, immer auch Rechts­extreme und bekannte Neona­zis zu Gast. Beim soge­nann­ten “Tag der Heimat” werden bis heute revan­chis­ti­sche Forde­run­gen gestellt. In den 70er Jahren hetzte der Verband gegen die Ostpo­li­tik von Willy Brandt, sie bezeich­ne­ten ihn als Vater­lands­ver­rä­ter.

Die heutige Präsi­den­tin des BdV ist Erika Stein­bach. Den meis­ten Deut­schen wurde sie erst bekannt, als sie vor eini­gen Jahren in Polen als Nazi-Sympa­thi­san­tin in SS-Uniform darge­stellt wurde. Dabei gilt sie inner­halb des BdV als dieje­nige, die den Einluss von Rechts­extre­mis­ten auf den Verband zurück­ge­drängt hat. Doch ihre Ansich­ten zur Oder-Neiße-Linie ist die glei­che, die der Bund schon immer vertritt. 1991 lehnte sie die endgül­tige Aner­ken­nung dieser Grenze ab, genauso wie den deutsch-polni­schen Nach­bar­schafts­ver­trag, der die Unan­tast­bar­keit der Gren­zen und Terri­to­rien fest­legt.

Und jetzt, mehr als sechs Jahr­zehnte nach Kriegs­ende, führt Erika Stein­bach noch­mal ein letz­tes Gefecht. Der Anlass dafür ist die Grün­dung der “Stif­tung Flucht, Vertrei­bung, Versöh­nung”. Unter dem Namen “Sicht­ba­res Zeichen” ist geplant, im Deutsch­land­haus am Anhal­ter Bahn­hof ein Erin­ne­rungs- und Doku­men­ta­ti­ons­zen­trum zu Flucht und Vertrei­bung einzu­rich­ten. 13 Mitglie­der soll der Stif­tungs­rat haben, davon drei aus dem Bund der Vertrie­be­nen. Die Bundes­re­gie­rung hat das akzep­tiert, jedoch hat Guido Wester­welle als Außen­mi­nis­ter die Möglich­keit, gegen die Zusam­men­set­zung des Rats zu inter­ve­nie­ren. Und das tat er, weil er Frau Stein­bach unter keinen Umstän­den als Mitglied akzep­tie­ren will. Die Gründe sind offen­sicht­lich, denn wie soll eine Stif­tung tatkräf­tig auch für eine Aussöh­nung arbei­ten, wenn in deren Führung jemand mit solchen Ansich­ten sitzt?
Der Streit dauert nun schon mehrere Monate. Ohne die Zustim­mung Wester­wel­les kann der Stif­tungs­rat nicht gebil­det werden. Gestern nun machte Erika Stein­bach ein Ange­bot, das faktisch einer Erpres­sung gleich­kommt. Sie würde unter bestimm­ten Bedin­gun­gen auf den Sitz im Rat verzich­ten, dafür müss­ten künf­tig aber nicht drei, sondern sechs BdV-Mitglie­der im Stif­tungs­rat sitzen. Außer­dem will sie sich der poli­ti­schen Kontrolle sowie der wissen­schaft­li­chen Aufsicht entzie­hen. Und die Bundes­re­gie­rung soll keine Vertrie­be­nen­ver­tre­ter im Rat ableh­nen dürfen. In der Konse­quenz bedeu­tet das, der Vertrie­be­nen­ver­band will ein Zentrum, das er domi­niert und in dem er allein die revan­chis­ti­schen Inhalte bestim­men kann. Die Dreis­tig­keit dieser Forde­run­gen ist unglaub­lich — und doch hat sie Sympa­thi­san­ten bei der CDU: Kanz­ler­amts­mi­nis­ter Ronald Pofalla bewer­tete den Vorstoß bereits als Lösungs­mög­lich­keit.

Das Argu­ment Stein­bachs ist, dass die Vertrie­be­nen im Stif­tungs­rat unter­re­prä­sen­tiert wären. Dabei waren schon in den ersten Jahren, als der BdV noch eine wirk­li­che Vertre­tung der Vertrie­be­nen war, nicht mehr als ein Prozent von ihnen dort orga­ni­siert. Angeb­lich hat der Verband heute zwei Millio­nen Mitglie­der. Davon besteht jedoch der weit­aus größte Teil gar nicht aus ehema­li­gen Bewoh­nern der Ostge­biete. Längst können auch Kinder und Enkel und Ehepart­ner von Nach­kömm­lin­gen sowie Nicht­ver­trie­bene Mitglied in BdV-Lands­mann­schaf­ten werden. Und selbst Erika Stein­bach ist keine Vertrie­bene, jeden­falls nicht im Verständ­nis eines normal denken­den Menschen. Sie wurde im von Deutsch­land besetz­ten, polni­schen Rahmel (heute Rumia) gebo­ren, nach­dem ihr Vater als Feld­we­bel der Luft­waffe dort statio­niert wurde und 1943 seine Frau aus Bremen nach­ge­holt hatte. Im Januar 1945 flüch­tete die Mutter mit ihren Kindern nach Schles­wig-Holstein. Daraus ein Vertrie­be­nen­schick­sal zu konstru­ie­ren, ist schon aben­teu­er­lich. Aber wie sagte Erika Stein­bach zu diesem Vorwurf: “Man muss kein Wal sein, um sich für Wale einzu­set­zen”. Mir fällt dazu eher ein ganz ande­res Tier ein.

print

Zufallstreffer

Internet

Internetzensur in China

Während der jüngs­ten Proteste in Tibet wurde wieder deut­lich, wie sehr China die Meinungs­frei­heit unter­drückt. Zwar versucht sich das Land kurz vor den Olym­pi­schen Spie­len welt­of­fen zu geben, doch das sind nichts als Potem­kin­sche Dörfer. Sofort nach Beginn der Proteste in Lhasa kapp­ten die Behör­den sowohl die Inter­net­ver­bin­dun­gen, als auch das regio­nale Handy­netz. […]

1 Kommentar

  1. Für mich gibt es Menschen, deren Geba­ren mir immer von Neuem die Zornes­röte in’s Gesicht stei­gen lässt. Aktu­ell ist es diese Frau. Diese Frau hat ganz offi­zi­ell bei der Abstim­mung im Bundes­tag 1991 gegen die Aner­ken­nung der Oder-Neisse-Grenze als Ostgrenze zu Polen gestimmt. Mit der Begrün­dung: “Man kann nicht für einen Vertrag stim­men, der einen Teil unse­rer Heimat abtrennt.” Quelle: Wiki­pe­dia.
    Heimat zu nennen, wo man als Toch­ter eines Besatzers nicht einmal die ersten 2 Jahre seines Lebens gelebt hat, ist schon dreist.
    Weiter­hin hat sie sich ja auch stän­dig gegen einen Beitritt von Polen zur EU gewehrt.
    Dass sie in Polen als Vertre­te­rin einer “Stif­tung Flucht, Vertrei­bung, Versöh­nung” nicht gerne gese­hen ist, kann ich sehr gut nach­voll­zie­hen.
    Weiter­füh­ren­der Link:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Erika_Steinbach

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*