Voll und aggressiv

Ausnahms­weise stand ich mal an der Taxi­halte Alt-Mari­en­dorf. Als ich mich um Mitter­nacht anstellte, waren zwei Kolle­gen vor mir, die im Abstand von 5 Minu­ten Einstei­ger hatten. Im Haus neben uns war gerade eine Party, es war recht laut. Es waren noch weitere Fahr­gäste zu erwar­ten, deshalb blieb ich stehen.

Der erste stand dann auch gleich an der Beifah­rer­tür und fummelte am Schloss herum. Mit einem Schlüs­sel! Und sturz­be­trun­ken. Mal abge­se­hen davon, dass es dort gar kein Schlüs­sel­loch gibt, war es auch nicht sein Auto, sondern das Taxi von mir.

Ich stieg aus und lief um den Wagen herum, auch um zu verhin­dern, dass er da noch irgend­was zerkratzt. Beulen und Krat­zer hat das Taxi zwar schon mehr als genug, es müssen jedoch nicht noch mehr dazu kommen.
Also stellte ich mich eben ihn und fragte, was das werden soll. Er schaute mich an, als hätte ich ihm einen unsitt­li­chen Antrag gemacht und brab­belte dann was von „Taxi fahren“. Ich sagte ihm, dass man dazu norma­ler­weise keinen eige­nen Schlüs­sel benö­tigt, außer man ist der Taxi­fah­rer. Darauf­hin versuchte er mir ohne jede Vorwar­nung mit der Faust ins Gesicht zu schla­gen. Damit war die Situa­tion vom Absur­den ins Gefähr­li­che umge­schla­gen. Da er nicht sehr schnell war, konnte ich ihm den Arm abweh­ren und auf den Rücken drehen, dann drückte ich ihn gegen den Wagen und schrie ihn an, was das solle. Er begann nach mir zu treten, was ich aber auch abweh­ren konnte.

Mitt­ler­weile war ein eben­falls betrun­ke­nes Pärchen aus dem Haus gekom­men und mischte sich ein. Ich sollte gefäl­ligst den „armen Mann“ in Ruhe lassen. Zum Glück kam mir ein weiter hinten stehen­der Kollege zur Hilfe. Er hielt mir die beiden vom Leib, während ich meinen Pati­en­ten lang­sam zu Boden brachte. Das war nicht weiter schwie­rig, da die Schwer­kraft der seiner Beine weit über­le­gen war.

Nun kamen aus dem Haus noch zwei Männer dazu, und ich befürch­tete, die Situa­tion könnte eska­lie­ren, weil sie sich gleich eben­falls mit dem Besof­fe­nen soli­da­ri­sier­ten. Sie stell­ten sich drohend neben mich. Ich rief meinem Kolle­gen zu, er solle bitte die Poli­zei rufen. Gleich­zei­tig versuchte ich, den beiden die Situa­tion zu erklä­ren. Da aber der am Boden sitzende Mann offen­bar ein Kumpel von ihnen war, ließen sie sich nicht auf ein Gespräch ein. Statt­des­sen begann einer, mich gegen das Auto zu drücken. Ich riss meine Arme hoch und schrie ihn an, er solle mich nicht anfas­sen. Das schreckte ihn erst­mal ab, aber er blieb weiter aggres­siv.

Inner­halb nur einer Minute kam ein zivi­ler Poli­zei­wa­gen an, direkt danach noch ein Strei­fen­wa­gen. Sie trenn­ten uns vonein­an­der und ließen sich von mir die Situa­tion erklä­ren. Den Betrun­ke­nen zogen sie dann vom Wagen weg und befrag­ten noch alle ande­ren Betei­lig­ten.

Schließ­lich woll­ten sie noch wissen, ob ich eine Anzeige machen möchte, aber das schien mir zu über­trie­ben. Statt­des­sen wollte ich nur noch wegfah­ren. Wer weiß, was da noch für Leute aus dem Haus kommen würden. Ich hatte bereits den Motor gestar­tet und wollte gerade vom Halte­platz herun­ter­fah­ren, als einer der Poli­zis­ten an meine Scheibe klopfte. Ob ich mir vorstel­len könnte, den Betrun­ke­nen nach Hause zu fahren.
„Das fragen Sie mich jetzt nicht im Ernst, oder?“. Ich war wirk­lich perplex. Er wies mich auf meine Beför­de­rungs­pflicht hin, aber ich konterte, dass die nicht gilt, wenn ich oder der Fahr­gast gefähr­det sein könn­ten. Und dass ich das war, war ja wohl offen­sicht­lich.
Er hatte wohl keine Lust, ihn mitzu­neh­men. Ich aber auch nicht. Und auch der Kollege hinter mir stieg in sein Auto und fuhr lang­sam los.

Keine Ahnung, wie der Kerl nach Hause gekom­men ist. Aber wenn man sich so voll­lau­fen lässt, dass man aggres­siv wird, braucht man sich auch nicht wundern, wenn einen niemand mitneh­men will.

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1 Kommentar

  1. Was Du so immer erlebst. Top: die Zivil­streife war sofort da. Flop: die Kompe­tenz und Empha­tie der Poli­zis­ten. Kann man wirk­lich noch auf unsere Staats­die­ner setzen? Eher nicht. Beför­de­rungs­pflicht; geht‘s noch? Manno.

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