Die Katastrophe von Hakenfelde

Am 8. Februar 1947 gab es beim Karls­lust-Tanz­hal­len­brand in Haken­felde die schlimmste Brand­ka­ta­stro­phe in Berlin nach dem Krieg. Bis heute ist die Zahl der Toten unsi­cher, es waren mindes­tens 80, even­tu­ell auch 88. Dazu kamen 150 Verletzte, viele davon mit schwe­ren Verwun­dun­gen.

Was war passiert?

Keine zwei Jahre nach Kriegs­ende fand an diesem Abend zum ersten Mal wieder ein Kostüm­ball statt. 800 bis 1.000 Menschen dräng­ten sich auf den zwei Etagen der Gast­stätte im Knick der Haken­fel­der Straße. Aufgrund der extre­men Kälte von minus 20 Grad hatte der Eigen­tü­mer extra starke Kano­nen­öfen aufge­stellt. Vermut­lich setz­ten deren Hitze gegen 22.45 Uhr das hölzerne Dach­ge­bälk in Brand.

Sofort versuch­ten die Besucher*innen, das Gebäude zu verlas­sen. Da das „Karls­lust“ in den letz­ten Kriegs­mo­na­ten als Gefäng­nis genutzt wurde, waren sämt­li­che Fens­ter vergit­tert und alle ande­ren Türen zuge­mau­ert. So gab es nur einen einzi­gen Ausgang und schnell wurden dort die ersten Gäste zu Tode getre­ten.

Inner­halb von drei Minu­ten stand das gesamte Dach in Flam­men. Manche, die den Flam­men entkom­men waren, gingen noch­mal zurück, um ihren Winter­man­tel zu holen. Dies ist heut­zu­tage unver­ständ­lich, aber damals war solch ein Klei­dungs­stück eine Kost­bar­keit. Plötz­lich brach das Dach zusam­men und begrub Dutzende von Gästen unter sich. Wer nun noch im Haus war, wurde erschla­gen oder verbrannte. Darun­ter auch der Eigen­tü­mer, der eben­falls schon drau­ßen war, aber noch schnell seine Kasse retten wollte.

Erst nach 15 Minu­ten trafen die ersten Feuer­wehr­leute ein, sie waren von der briti­schen Armee, die damals in Span­dau die Besat­zungs­macht waren. Berli­ner Feuer­wehr erreichte den Brand erst nach 40 Minu­ten. Die Brücken über der Spree waren zum Groß­teil noch zerstört, es gab keine einheit­li­che Notruf­num­mer, jede Feuer­wa­che musste extra ange­ru­fen werden. Und schließ­lich muss­ten die Fahr­zeuge erst­mal aufge­wärmt werden, bevor sie ausrü­cken konn­ten.

Drei Feuer­wehr-Solda­ten kamen beim Versuch ums Leben, Gäste zu retten, die sich im Keller verschanzt hatten. Einige von denen über­leb­ten die Kata­stro­phe. Weil die meis­ten Brand­op­fer nicht mehr zu iden­ti­fi­zie­ren waren, wurden 77 von ihnen am 25. Februar auf dem Fried­hof In den Kisseln gemein­sam begra­ben. Die Hälfte der Opfer war zwischen 17 und 19 Jahre alt, ein Groß­teil Sport­ler des Sport­klubs Span­dau-Neustadt.

Ein Über­le­ben­der erin­nert sich 50 Jahre später: „Ein junges Pärchen versuchte, aus dem Garde­ro­ben­raum zu flüch­ten. Aber alle Wege waren abge­schnit­ten — sie stan­den an die Wand gedrängt. Als die Decke einstürzte, hiel­ten sie sich eng umschlu­gen. So hat man die verkohl­ten Leich­name am Morgen gefun­den. Um deren zwei Söhne kümmerte sich der Verein.“

Das Karls­lust war die größte Gast­stätte Span­daus. Bis 1933 fanden dort die Maifei­ern der SPD statt, während der Nazi­zeit trafen sich dort Ille­gale. Nach der Kata­stro­phe vom Februar 1947 wurde das Gast­haus noch­mal aufge­baut, die Witwe des Inha­bers führte es bis in die 1950er Jahre weiter. Dann nahm sie sich das Leben.
Als Konse­quenz aus den Erfah­run­gen der Kata­stro­phe erlie­ßen die Alli­ier­ten mehrere Anwei­sun­gen. So durf­ten Feuer­wehr­wa­gen ab dem 13. März schnel­ler fahren als nur 40 km/h. Im Okto­ber 1947 wurde mit der „02“ eine einheit­li­che Notruf­num­mer einge­führt.

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