Das Jüdische Theater in Kreuzberg

Gleich nach der Macht­über­gabe an die Natio­nal­so­zia­lis­ten wurden die ersten Gesetze erlas­sen, die den Juden in Deutsch­land das Leben schwer machen soll­ten. Das Gesetz zur Wieder­her­stel­lung des Berufs­be­am­ten­tums vom 7.4.1933 traf auch die Juden, die im staat­li­chen Kultur­be­trieb tätig waren: Jüdi­sche Musi­ker verlo­ren ihre Anstel­lun­gen in Opern­häu­sern und Orches­tern, Schau­spie­ler und Thea­ter­in­ten­dan­ten muss­ten ihre Posten räumen. Ab 1935 wurden jüdi­sche Schau­spie­ler und Künst­ler auch aus den ande­ren Thea­tern verbannt und ab 1938 war jüdi­schen Bürgern der Besuch von öffent­li­chen Thea­tern, Kinos und Konzert­sä­len verbo­ten.

Aufgrund der ersten Verbote grün­dete sich bereits im Juli 1933 der Kultur­bund deut­scher Juden als Selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­tion. Der durch Mitglieds­bei­träge finan­zierte Bund sollte den arbeits­lo­sen Künst­le­rIn­nen in erster Linie neue Erwerbs­mög­lich­kei­ten verschaf­fen. Die ursprüng­li­che Bezeich­nung musste im April 1935 aufge­ge­ben werden, da eine Verknüp­fung der Worte “deutsch” und “jüdisch” poli­tisch uner­wünscht war. Er nannte sich nun Jüdi­scher Kultur­bund.

Seine erste Premiere fand am 1. Okto­ber 1933 im Berli­ner Thea­ter in der Char­lot­ten­straße in Kreuz­berg statt: Nathan der Weise. Das Gebäude ist 1935 abge­ris­sen worden und so zog das Thea­ter des Kultur­bunds um in die Komman­dan­ten­straße 57, nahe der Alten Jakobstraße. Hier stand bereits der Thea­ter­bau der Brüder Herrn­feld und es war eine bei jüdi­schen Bürge­rIn­nen sehr beliebte Gegend. Bis 1941 brachte das Jüdi­sche Thea­ter immer­hin rund 50 Premie­ren auf die Bühne. Und dies, obwohl viele jüdi­sche Künst­le­rIn­nen bereits ins Exil gegan­gen waren und bald auch keine Stücke mehr von nicht-jüdi­schen Autoren gespielt werden durf­ten. Auch durf­ten keine Nicht-Juden die Auffüh­run­gen besu­chen. Der Zweck davon war, die jüdi­sche und “deut­sche” (also nicht-jüdi­sche) Bevöl­ke­rung zu tren­nen.

Im August 1941 ging das letzte Stück Spiel im Schloss von Franz Molnárs über die Bühne, bis der Jüdi­sche Kultur­bund am 11. Septem­ber verbo­ten wurde. Die meis­ten Mitar­bei­te­rIn­nen des Thea­ters wurden nach There­si­en­stadt depor­tiert. Auf einer Gedenk­ta­fel, die heute an das eins­tige Thea­ter erin­nert, steht: “Fast alle, die hier arbei­te­ten, wurden in Konzen­tra­ti­ons­la­gern ermor­det.”

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Zufallstreffer

5 Kommentare

  1. Die, die sich Ihrer geschicht­li­chen Verant­wor­tung hinsicht­lich der Verbre­chen während des III Reiches bewusst SIND und/oder schon immer (gewe­sen) WAREN, lesen hier eher nicht (mehr) mit, weil sie keinen weite­ren Beleh­run­gen oder Erin­ne­run­gen brau­chen.

    Die, die sich Ihrer geschicht­li­chen Verant­wor­tung hinsicht­lich der Verbre­chen während des III Reiches NICHT! bewusst sind und/oder noch NIE! bewusst waren, lesen hier auch nicht mit, weil es sie nicht inter­es­siert oder nicht mehr inter­es­siert.

    Inso­fern sind Deine stän­di­gen Wieder­ho­lun­gen histo­ri­scher Schuld­zu­wei­sun­gen und Erin­ne­rungs-Quen­ge­leien lang­sam aber sicher nur noch öde und nervend und zudem mitt­ler­weile auch unglaub­wür­dig, weil ich davon über­zeugt bin, daß Du damit nur Dein angeb­lich “Gutes Gewis­sen und Bewusst­sein” selbst bauch­pin­seln möch­test (fishing for compli­ments-Syndrom).

    Abge­se­hen davon, daß Du die aktu­elle große Gefahr einer von links und grün um sich grei­fen­den “Gesin­nung-Dikta­tur” komplett ausblen­dest.

    Ich habe auf Deinem Blog mit seinen wunder­schö­nen Beiträ­gen zur Berli­ner Geschichte z.B. “Eine Reise durch die Acker­straße”
    , Örtlich­kei­ten mit z.B. “Spazier­gänge in Berlin” und Perso­nen z.B. “Der König vom Stutt­gar­ter Platz” gerne lesend umher gestö­bert.

    Nun ist genug, zumal Du Dir noch immer — und immer wieder — in den verschie­dens­ten Beiträ­gen auf Deine inzwi­schen total verstaub­ten und vermut­lich mitt­ler­weile übel­rie­chen­den Alt-Revo­luz­zer-Jacke stän­dig selbst auf Deine Schul­tern klopfst.

    Du bist lang­wei­lig, ideo­lo­gisch einsei­tig zuge­na­gelt mit Scheu­klap­pen groß wie Stall­tore für Elefan­ten und unbe­lehr­bar wie die angeb­lich “typi­schen Alten weiße Männer”, nur in Deinem Fall auf dem (pseudo-) ‑linken Spek­trum des absur­den Thea­ters der gesell­schaft­li­chen Spal­tung aller­or­ten.

    Ich habe Deinen von mir jahre­lang abon­nier­ten Blog und das zuge­hö­rige Feed-Reader-Abon­ne­ment mit sofor­ti­ger Wirkung gelöscht.

    Gute Besse­rung | Peer

    • Öde Schuld­zu­wei­sun­gen und Erin­ne­rungs-Quen­ge­leien?
      Ich kann das hier zwar nicht erken­nen, aber mein Opa hat das auch immer gesagt: Irgend­wann muss doch mal Schluss sein, mit dem ewigen Geden­ken.
      Solange es diese Meinung gibt: Nein!
      Ich sehe es auch wie Michael: “linke und grüne Gesin­nungs­dik­ta­tur” — das ist dumm, igno­rant und geht an der Reali­tät völlig vorbei.
      Aber ich danke dir trotz­dem für den Hinweis auf die Texte z.B. zur Acker­straße. Die habe ich bisher nicht rich­tig wahr­ge­nom­men, was ich jetzt nach­ho­len werde.

  2. Lieber Autor,
    ich wohne schon immer in Kreuz­berg, seit über 40 Jahren. Das jüdi­sche Thea­ter war mir bisher völlig unbe­kannt. Danke für die Infor­ma­tion! Und ich würde mich freuen, mehr zu diesem Thema zu lesen.

  3. So wie Peer kann man es auch sehen. Endlich einen Schluss­strich ziehen hinter der Vergan­gen­heit. Natür­lich ist so manches Schrei­ben auch thera­peu­tisch. Jeden­falls wenn man bemüht ist zu reflek­tie­ren. 

    In Anbe­tracht der aktu­el­len Angriffe auf Schul­klas­sen in Bran­den­burg, empfinde ich die Formu­lie­rung: “die aktu­elle große Gefah­rei­ner von links und grün um sich grei­fen­den „Gesin­nungs­dik­ta­tur” “, als voll­kom­men inak­zep­ta­bel. Mein Schwie­ger­sohn fährt demnächst mit seiner Kreuz­ber­ger Klasse auch dort­hin auf Klas­sen­fahrt und macht sich — berech­tig­ter­weise- so seine Gedan­ken über die Sicher­heit in den Öffis. Körper­li­che Angriffe von Jungna­zis auf seine 13 jähri­gen! Schüler/innen hat er in Lich­ten­berg auch schon erlebt. 

    Auch Menschen mit Ansich­ten, wie Peer sie ausführt, haben zuden Ansich­ten der heuti­gen Jugend beigetra­gen. Zu lange wurde in Deutsch­land die Bedro­hung von rechts verharm­lost  bzw. gleich ganz igno­riert. Ich dachte früher immer, dass es in unse­rem Land niemals mehr möglich sein würde, rechte Auffas­sun­gen zu denken oder gar zu propa­gie­ren, ohne sofort beschämt zu sein und vom Volk gedisst zu werden. Statt­des­sen hat sich die AFD mit ihren Nazi­pa­ro­len zur stärks­ten Partei im Osten gemau­sert. Da fehlen mir schlicht die Worte. 

    Das geheu­chelte Schluss­wort “Gute Besse­rung” des o.g.Verfassers, zeigt bestens seine herab­las­sende Einstel­lung gegen­über anders­den­ken­den und leben­den Menschen. Dazu passt gut der gut folgende Ausspruch: “Ich weiß was ich denke, wenn ich höre, was ich sage.” Solche Aussa­gen verste­hen aber nur Menschen ohne (“Scheu­klap­pen so groß wie Scheu­nen­tore”), die vermei­den, andere Menschen zu be- oder gar abzu­wer­ten.

    Wer Aro kennt, weiß um die Quali­tät seines Charak­ters und seinen großen Einsatz für schwa­che Menschen. Ganz im Gegen­satz zu vielen ande­ren Schrei­ber­lin­gen. Die lieber auf andere zeigen.

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