Was mit Überläufern passiert, hat Michael Bartelt im Sommer 2009 erfahren. Das einstige Mitglied der Hells Angels hatte sich der Konkurrenz angeschlossen und wollte Mitglied der Bandidos werden. In der Nacht zum 14. August wurde er vor seiner Haustür in Wartenberg erschossen. Bis heute hat die Polizei keine Ahnung, wer der Täter war, aber dass es eine Racheaktion der “Engel” war, ist wahrscheinlich.
Vorgestern nun liefen gleich 70 Rocker über. Eine komplette Gruppe der Berliner Bandidos hat sich am Dienstag den Hells Angels angeschlossen und seitdem ist bei der Polizei Großalarm. An allen Treffpunkten der Gruppen sind Mannschaftswagen aufgezogen, vor dem Zentrum der Angels ist der Spandauer Damm sogar teilweise gesperrt.
Beide Rockerbanden sind in verschiedenen Gruppen (“Chaptern”) organisiert, beide haben zusätzlich auch noch Unterstützergruppen. Das Chapter “El Centro” der Bandidos hatte sich in der vergangenen Woche mit der Gruppe “Southside” geprügelt, offenbar gab es dort schon seit Längerem ein Machtkampf. Noch am Dienstag montierten die Centro-Rocker das Emblem der Bandidos von ihrem Klubhaus in der Residenzstraße ab.
Das Landeskriminalamt rechnet nun mit harten Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen. Dabei geht es nicht nur um die “Ehre”: Seit Jahren streiten sie in der Region um die Vorherrschaft im Geschäft mit Prostitution, Drogen- und Waffenhandel. Durch den Wechsel haben sich die Verhältnisse innerhalb Berlin verschoben. Die Chapter der Bandidos hatten zuletzt mehr Mitglieder, als die Gruppen der Hells Angels. Das dürfte sich nun ändern, was beide Seiten möglicherweise zu Gewalttaten drängt: Die einen aus dem Hochgefühl heraus, es den Konkurrenten gezeigt zu haben. Die anderen, weil sie extrem wütend sein werden und den Gesichtsverlust durch besondere Taten wett machen wollen.
Insgesamt gibt es in Berlin etwa 700 organisierte Rocker, neben den Angels und den Bandidos noch Gremium, Born to be wild, Outlaws und Rolling Wheels. Die Bandidos sind vor allem in Reinickendorf (Quickborner und Provinzstraße) und Weißensee (Langhansstraße) präsent, die Hells Angels haben ein zentralen Treffpunkt direkt neben dem Schloss Charlottenburg, sowie einen weiteren in der Gärtnerstraße in Hohenschönhausen. In der Romain-Rolland-Straße sitzen “Born to be wild”, die “Rolling Wheels” in der Reinickendorfer Triftstraße. In Schöneweide und dem Wedding trifft man Gremium, wenn man denn will.
Die ältesten Gruppe in Berlin sind die Hells Angels, die sich Anfang der 70er Jahre in Kreuzberg gegründet haben. Damals hießen sie noch Phönix bzw. Kettenhunde. Die Rolling Wheels entstanden 1976 im Wedding, dagegen betraten die Bandidos erst im Jahr 2000 die Berliner Bühne. Anders als die anderen Gruppen nahmen sie auch Araber und Türken bei sich auf, was den Hass der Hell Angels sicher noch verstärkte. Denn dort sind auch zahlreiche Rechtsextremisten und Hooligans organisiert.
Wie es in Berlin weitergeht, ist im Moment kaum abzusehen. Zu erwarten ist aber, dass es zu einer Eskalation im Rockerstreit kommt.
Berliner Rockergruppen und ihre Chapter bzw. Unterstützer:
Hells Angels
Red Devils
Nomads
Brigade 81
Centro (bisher Bandidos)
Bandidos
Berlin City
Eastgate
Southside
Malos Hom-bres Eastgang
Calavera Big City
Calavera
El Sur
Malos Hombres Downtown
Malos Hombres Down Under
Comodin El Norte
X‑Team El Centro
Chicanos El Centro
Dark Rage
Bulldogs Del Este Wittenau
Bulldogs Del Este Moabit
X‑Team Eastgate
Chicanos Southside
Chicanos Eastside
La Onda
Los Muertos
Harami
Minotaurus
Gremium Berlin
Gremium Darkside
Gremium Berlin Ultra
Outlaws MC Berlin
Born to be Wild
Wild Viking
Wild Force
Wild Skull
Wild New Generation
Wild Power
Rolling Wheels
Dark Division
Bloody Devils
Rolling Wheels Nomads
So viele Gruppen, die sich gebildet haben,um sich von anderen abzusetzen. Aber unterm Strich gleichen sie sich dann wieder, selbst ihre Uniformen sind nicht so weit voneinander entfernt. Schade, dass der Mensch immer einen Feind braucht, um sich mit andren verb(ü)inden zu können und immer Krieg braucht, um sich nach Frieden zu sehnen.
Interessanter Artikel. Danke