Eklat beim Empfang im Edelhotel Ritz Carlton: Die Damen und Herrenmenschen der oberen Tausend sind auf das normale Fußvolk schlecht zu sprechen. Vor allem, wenn es aus nichtreichen Taxifahrern besteht. Also bestimmen sie, dass der Taxistand vor dem Hotel ausschließlich den schwarzen VIP-Limousinen zur Verfügung steht, die Taxen müssen sich 100 Meter weiter hinten in der Straße aufstellen — in der zweiten Spur. Natürlich gibt es Unmut wegen des arroganten Umgangs. Aber das gemeine Volk kann tatsächlich sehr fies sein…
20.30 Uhr, Ballsaal, das Diner wird gereicht. Herr und Frau Wichtig beginnen zu speisen, der Chefkoch hat diesmal ein ungewöhnliches Arrangement kreiert, doch der geübte VIP-Gast weiß sich zu benehmen und macht gar Komplimente über das “außergewöhnliche und phantasievolle” Diner. Noch. Doch woran erinnert es nur?
Plötzlich ein Ruf, der alle Gäste die Gabeln aus der Hand fallen und das Essen wieder nach außen befördern lässt: “Hundefutter!”. Die fahrende Zunft hat diesmal dem Koch überlistet und das Essen auf dem Weg an die Tische ausgetauscht.
Wütend stürmt die edle Masse in ihren Smokings und Abendkleidern nach draußen, auf die Reihe der wartenden Taxis und deren feixenden Fahrern zu, die goldenen Stöckelschuhe als Waffe in der Hand. Als eine der blonden, hochtoupierten Furien auf mich losgeht, wache ich auf. Es war nur ein Traum. Nicht ganz unrealistisch. Aber mit interessanten Anregungen.
Ich unterstelle, dass es weniger gegen “nichtreiche” Taxifahrer ging, sondern gegen den Umstand, dass Berliner Taxifahrer zu einem großen Teil, wenn nicht mehrheitlich, das werden Sie genauer wissen, türkischer oder arabischer Herkunft sind.
Ein Taxi leiste ich mir nur alle paar Jahre in Notfällen. Früher war das halbwegs entspannend, man saß bequem und konnte sich unterhalten ‑oder es auch lassen‑, die Gefahr unangenehmer Erlebnisse war eigentlich nicht gegeben: Die Fahrer waren manchmal freundlich, immer aber höflich, schlimmstenfalls war eine Fahrt langweilig, höchst selten aber befremdlich oder beklemmend.
Heute ist es anders, z.B. hat sich ein ‑ja, türkischer- Fahrer während einer 15minütigen Fahrt immer wieder unter seinem ziemlich speckigen Pullover geräuschvoll schabend hoch am Rücken gekratzt, wofür er sich fahrend weit vors Steuer lehnte. Was sein Gast davon hielt, war ihm offensichtlich egal, er hatte schon beim Einsteigen den Gruß nicht erwidert und kommentierte den Fahrtwunsch mit einem undeutlichen Gemurmel, dem man bestenfalls entnehmen konnte, dass er verstanden hatte und die Fahrt akzeptierte. Sein Gast und die Fahrt war ihm erkennbar lästig. Als ich am Ende kein Cent Trinkgeld gab, mit der Feststellung, ich gäbe es sonst immer, aber diesmal machte ich mit Absicht eine Ausnahme, wurde er allerdings richtig ungehalten und gab zudem, erkennbar auch mit Absicht, möglichst kleines Münzgeld heraus. Sonstige Taxifahrten mit türkischen oder arabischen Fahrer verliefen zwar weniger drastisch, aber stets schweigsam, mit einer nur angedeuteten Erwiderung des Grußes beim Einsteigen; Spannung und nicht verhehlter Antipathie oder zumindest demonstrativem Desinteresse machten die Fahrten unangenehm.
Ich weiß aus Erfahrung als Kreuzberger, dass man mit Interesse und Ansprache auch grobe Flegel mit “MiHiGru” in ein Gespräch verwickeln kann, manche blühen dann richtig auf, ‑wenn man Politisches vermeidet, denn eine andere Meinung verägert schnell!-, aber gerade bei Flegeln und ungefälligen, gar unhöflichen Menschen habe ich dazu eben keine Lust, sehe es auch nicht als meine Höflichkeitspflicht an, entschuldige und erkläre es mir auch nicht mit Diskriminierungserfahren von Randgruppen — das Gutmenschentum hat sich spätestens ein, zwei Jahre nach meinem ‑naiven- Umzug nach SO36 gelegt. Taxifahrten überlege ich mir deswegen noch genauer; wenn ich schon mehr Geld als mit der U‑Bahn auslege, möchte ich mich wenigstens nicht unangenehmen Situationen aussetzen. Da die auch im ÖPNV öfter vorkommen können, und ich annehme, dass sich das nicht verbessern wird, fahre ich immer öfter Fahrrad, weniger wegen des Geldes, sondern weil ich da eher meine Ruhe vor Unannehmlichkeiten habe.
Ob es sich im Ritz Carlton wirklich um Herrenmenschengebahren handelt, können Sie vielleicht besser beurteilen als ich: gab es solches Aussperren von Taxifahren vor 20, 30, 40 Jahren auch? Ich bezweifele es. Taxis waren früher schwarz, von Mercedes, und die Fahrer waren manierlich gekleidet, mindestens höflich, und hatten selten ein Problem damit, in einem Dienstleistungsberuf zu arbeiten; auch verwöhnten Hotelgästen sollten sie in der Regel nicht unangenehm gewesen sein.
Ich verstehe schon ganz gut, was sie meinen und kann solch ein negatives Verhalten auch nicht billigen. Darüber gibt es durchaus auch in der “Taxi-Szene” Auseinandersetzungen. Allerdings kenne ich mehrere türkische und iranische Fahrer, denen solch ein Verhalten genauso fremd ist.
Das mit dem Aussperren von Taxis kommt in den letzten Jahren öfter vor, möglicherweise auf Druck der Sponsoren (im Fall der Berlinale BMW).