Wer heute den Mühlendamm in Mitte überqueren möchte, sollte dies mit einem Auto tun. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist diese Straße nur schwer überwindlich. Die acht Fahrspuren auf dem Weg zwischen Potsdamer und Alexanderplatz sind noch aus einer Zeit, als die Autos eigentlich gar nicht so viel Platz brauchten — schließlich waren sie meist kleiner als heute und man musste viele Jahre darauf warten. Nach der Wiedervereinigung hat sich an dieser fußgängerfeindlichen Stelle leider nicht viel verändert.
Dabei ist der Ort einer der ältesten unserer Stadt: Als Verbindung zwischen dem alten Berlin und Cölln führte an dieser etwas flacheren Stelle einst ein Knüppeldamm quer durch die Spree. Als “Knüppeldamm” bezeichnet man Überführungen aus Holz, die auf Bohlen gelagert sind, die wiederum im Boden stecken. Sie wurden seit dem 16. Jahrhundert vor allem genutzt, um Moore und Sumpfgebiete zu überqueren. Wenn sie aber wie hier zum Überqueren von Flüssen errichtet werden, kann an dieser Stelle kein Boot mehr verkehren. Dies war auch hier ein großer Nachteil.
Die Anlage war exterritoriales Gebiet, sie unterstand nicht Berlin oder Cölln, sondern dem Markgrafen bzw. dem Kurfürsten. Gesichert wurde der Übergang durch eine markgräfliche Kurie mit militärischer Besatzung, die auf der nördlichen Berliner Seite nahe dem Molkenmarkt lag. Auf dem Grundstück befanden sich mehrere Mühlen, von denen der Damm seinen Namen erhielt. Ab 1880 entstanden Verwaltungsgebäude, hier war auch die berüchtigte Stadtvogtei untergebracht.
Zwischen 1888 und 1893 baute man an Stelle des Dammes eine Schleuse ein, die von einer Brücke überspannt wurde. Gleichzeitig wurde der Fluss verbreitert und auf 2,5 m Tiefe ausgebaggert. Die Arbeiten gestalteten sich sehr schwierig, weil sie bei laufendem Verkehr stattfanden. Immerhin überquerten täglich mehr als 2000 Pferdefuhrwerke den Damm. Der massive Eingriff in die Stadtgestaltung hat das Erscheinungsbild Alt-Berlins stark verändert.
Auch auf der Fischerinsel, zwischen der Spree und dem heutigen Spreekanal, befanden sich Mühlen. Nachdem diese 1838 abgebrannt sind, baute man ein Gebäude in Form eines mittelalterlichen Kastells, in dem sich die Sparkasse befand. Seitdem dominierte sie diesen Ort. Parallel dazu entstanden hohe, steinerne Uferbefestigungen.
Schon zwanzig Jahre nach der Inbetriebnahme der Schleuse war sie zu klein. Doch als nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Bau einer neuen Anlage begonnen werden sollte, kam die Wirtschaftskrise dazwischen. 12 Millionen Mark wollte der Staat nicht investieren. So dauerte es bis in die 1930er Jahre hinein, bis endlich die Arbeiten für eine Schleuse begannen, die auch 1000-Tonnen-Schiffe bewältigte. Gleich nach den Olympischen Spielen wurde im Herbst 1936 das Sparkassengebäude abgerissen. Von Anfang 1937 bis August 1939 dauerte der Bau einer neuen, etwas stromaufwärts gelegenen Schleusenanlage. Parallel zur bisherigen Brücke wurde 1938 ein Behelfsübergang errichtet, über den während der Bauarbeiten für eine neue Mühlendammbrücke der Verkehr lief. Doch die neue Brücke sollte noch lange auf sich warten lassen: Wegen des Kriegsbeginns wurden die Bauarbeiten eingestellt. Erst 30 Jahre später ließ der Ost-Berliner Magistrat die überbreite Mühlendammbrücke errichten, die 1968 endlich eröffnet wurde — und 2024 teilweise gesperrt werden musste, weil sie mittlerweile marode und einsturzgefährdet war..
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