Verdrießliche Politik

Die Wahl des Bundes­präsis hat mal wieder eines gezeigt: Es geht der herr­schen­den Polit­klasse in keiner Weise darum, für “das Volk” da zu sein. Sicher — wir sind natür­lich keine homo­gene Einheit, auch wenn Leute wie Führer oder Staats­rats­vor­sit­zende sowas gerne behaup­te­ten. Trotz­dem waren die Umfra­gen zum Thema Wulff vs. Gauck eindeu­tig: Die große Mehr­heit war dafür, dass Chris­tian Wulff weiter­hin Minis­ter­prä­si­dent von Nieder­sach­sen bleibt. Aber egal, die angeb­li­chen Volks­ver­tre­ter haben sich wie so oft über Volkes Wille hinweg­ge­setzt. Nicht ein über­par­tei­li­cher Souve­rän wurde gewählt, sondern ein Mann aus der eige­nen Brut, also genau aus dem Haufen, den viele Menschen in Deutsch­land mitt­ler­weile satt haben. Es ging den Koali­ti­ons­par­teien nicht darum, ein unab­hän­gi­ges Staats­ober­haupt zu küren, das für die gesamte Bevöl­ke­rung da ist, es ging nur um einen reinen Macht­er­halt, um Macht­aus­wei­tung. Wulff ist Merkel mit ande­ren Mitteln. Dabei ist der eine Memme vom Dienst: Um ja keinen Posten zu verlie­ren, hat er seinen Rück­tritt als Landes­chef bis zur Bestä­ti­gung seiner Wahl zum Bundes­prä­si­den­ten hinaus­ge­zö­gert. Immer schön mit Fall­schirm und Sicher­heits­gurt. Ja, solche Menschen braucht Deutsch­land — die etwas riskie­ren. Dabei sind Fall­schirme auch keine Garan­tie für’s Über­le­ben, wie ein ande­rer Spit­zen­po­li­ti­ker schon mal eindrucks­voll demons­triert hat.

Dass sich Poli­ti­ker an der Macht fast immer über mora­li­sche Gren­zen hinweg setzen, ist ja bekannt. Sonst wäre Deutsch­land heute nicht im Krieg, sonst hätte die Regie­rung nicht die unso­zia­len Einspa­rungs­be­schlüsse gefasst. Was die einfa­chen Menschen denken und wollen, die eben nicht im Bundes­tag sitzen, ist völlig egal. Die Volks­ver­tre­ter sind längst zu Volks­ver­rä­tern gewor­den, das hat diese Wahl deut­lich gezeigt.
Es ist auch kein CDU- oder FDP-typi­sches Verhal­ten, wie wir spätes­tens seit Schrö­ders Hartz-IV-Geset­zen wissen. Eher ein Phäno­men der Abge­ho­ben­heit der Berufs­po­li­ti­ker­kaste, die sich in etwa genauso über Recht und Moral fühlen, wie die Acker­män­ner der Nation, deren Hand­lan­ger sie gerne spie­len. Es ist einfach nur wider­lich.

Damit wird die soge­nannte Poli­tik­ver­dros­sen­heit weiter ange­heizt, noch weni­ger Menschen werden zur nächs­ten Wahl gehen, weil es ja sowieso egal ist, wofür man sich entschei­det. “Wer seine Stimme abgibt, hat keine mehr”, sagen die Anar­chis­ten. Ganz unrecht haben sie damit nicht, denn wenn wir unsere Meinung an eine Partei dele­gie­ren, brau­chen wir uns auch nicht aufre­gen, wenn sie sie für ihre eige­nen Inter­es­sen nutzt — selbst wenn sie diese vorher nicht offen benennt.
Aber sind wir wirk­lich poli­tik­ver­dros­sen? Ist es nicht eher eine Partei­ver­dros­sen­heit, Frust über das arro­gante Verhal­ten der Polit-Insti­tu­tio­nen, die nach jeder Wahl anders handeln, als sie es davor verspro­chen haben? Ich kann es nieman­dem verübeln, nicht mehr zur Wahl zu gehen. Man gibt damit Parteien Macht, ohne letzt­end­lich beein­flus­sen zu können, wofür sie die nutzen. Denn die tollen Ankün­di­gun­gen werden sowieso nicht wahr­ge­macht.
Die Grünen beschlie­ßen einen Kriegs­ein­satz, Sozi­al­de­mo­kra­ten prügeln unso­ziale Gesetze durch, die Libe­ra­len verges­sen jeden Anspruch auf Bürger­rechte. In Berlin macht die Links­par­tei jede Schlie­ßung von Jugend­clubs mit, wenn die SPD es befieht. Nur die CDU enttäuscht nicht, denn wer gar keine Über­zeu­gun­gen mehr hat, kann sie auch nicht verra­ten. Wie prak­tisch.

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Berlin

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11 Kommentare

  1. Du hast verges­sen zu erwäh­nen woher der letzte Präsi­dent kam und wie er gegan­gen ist. Das passt doch alles zu dieser pein­li­chen Regie­rung. Dass der Gegen­kan­di­dat Herr Gauck, für den Afga­ni­stan­ein­satz ist, Harz IV gut findet und sonst ein neoli­be­ra­ler FDPler ist muss auch einmal erwähnt werden. Das war der Kandi­dat der SPD und der Grünen.
    Egal was noch kommt, wählen kann man solche Leute, die Ihre Arbeit darin verste­hen sich ihre Pöst­chen zu bewah­ren und zu sichern sicher nicht mehr. Da kann man auch nicht mehr von klei­ne­rem Übel reden, schon lange nicht mehr. Aus dem klei­ne­rem Übel folgt das unend­li­che Kotzen!

  2. Und typisch auch, dass in den Medien die Kandi­da­tur von Gauck als einen geschick­ten Schach­zug der Opos­si­tion gehan­delt wurde. Dieser Kandi­dat erfüllt nicht im Gerings­ten die Anfor­de­run­gen an ein rot-grünes Profil. Und dass man die Linke nun hart angeht, nicht über dieses Stöck­chen gesprun­gen zu sein, das sagt doch alles über Macht­kal­kül und Polit­spiel­chen.

  3. Eigent­lich ist es doch mitt­ler­weile völlig schnurz­piep egal welche Farb­kon­stel­la­tion wo auch immer sich zu einer (Schein)Regierung zusam­men tut. Für die wirk­lich uns betref­fen­den Dinge werden längst woan­ders die Weichen gestellt und die Poli­tik stellt nur noch die Signale dementspre­chend ein, was die Wirt­schaft ihr mitt­ler­weile buch­stäb­lich in die Geset­zes­bü­cher hinein­schreibt. In Berlin unter Rot-Rot ist das nicht viel anders als in allen ande­ren partei­po­li­ti­schen Konstel­la­tio­nen.

  4. Naja, der Unter­schied Wulffs zu Gauck ist vor allem, dass W. aus dem Poli­tik­be­trieb kommt und ein aalglat­ter Karrie­rist ist. Das spricht aller­dings dadurch nicht für Gauck.
    Bei der nächs­ten BuPrä-Wahl habe ich ja das Mindest­al­ter, dann werde ich das machen. Wenn selbst der Nazi Frank Renni­cke noch drei Stim­men bekommt, werde ich wohl locker 700–800 Stim­men schaf­fen.
    Alles wird gut.

  5. @Paule
    Tja, dann musste dir aber auch nen neuen Fahrer suchen, weil für’s Taxi ist dann keine Zeit mehr. Muss ja dann unser Vater­land reprä­sen­tie­ren und vor allem diverse neue Gesetze unter­schrei­ben!
    :-)

  6. Unsere Kanz­le­rin, die schwarze Witwe hat sich das Spiel Deutsch­land gegen Argen­ti­nien in Südafrika ange­se­hen. Weiß jemand wer den Flug bezahlt hat?

  7. Sport als Fort­set­zung der (Außen)Politik mit ande­ren Mitteln. Wenn’s immer so laufen würde, könnte die Dame gerne mit Steu­er­gel­dern zu jedem Spiel auf der Welt flie­gen — Haupt­sa­che weit weg.

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