Haus der Wannsee-Konferenz

Einer der histo­risch wich­ti­gen Orte Berlins ist sicher das Haus der Wann­see-Konfe­renz. Es ist zu befürch­ten, dass mehr Berli­ner das Strand­bad Wann­see kennen, als diese große Villa, die dem Bad genau gegen­über liegt und von dort gut zu sehen ist. Dieses Gebäude gilt als der Ort, an dem die Ausrot­tung der euro­päi­schen Juden durch die Nazis beschlos­sen wurde. Hier trafen sich vor 60 Jahren, am 20. Januar 1942, führende Mitglie­der der SS, der NSDAP, aber auch der Wirt­schaft und Vertre­ter des NS-Staa­tes in den besetz­ten osteu­ro­päi­schen Ländern. Einzi­ges Thema war die “Gesamt­lö­sung der Juden­frage in Europa”. Und obwohl das Tref­fen nur wenige Stun­den dauerte, hatte es doch noch grau­same Auswir­kun­gen in den folgen­den drei Jahren.

Ein Buch zum Haus der Wann­see­kon­fe­renz, das von den Betrei­bern der heuti­gen Gedenk- und Bildungs­stätte heraus­ge­ge­ben wurde, räumt aller­dings mit der Ansicht auf, die Konfe­renz wäre für die Vernich­tung der euro­päi­schen Juden verant­wort­lich gewe­sen. Tatsäch­lich liefen die Entschei­dun­gen darüber über andere Kanäle, die Konfe­renz diente “ledig­lich” der Abstim­mung des Holo­causts, der zu diesem Zeit­punkt schon längst begon­nen hatte. Die Konfe­renz war eine Infor­ma­ti­ons- und Koor­di­na­ti­ons-Veran­stal­tung, grund­sätz­li­che Entschei­dun­gen wurden hier nach heuti­gem Wissen kaum gefällt.
Inter­es­sant sind manche Infor­ma­tio­nen wie die, dass Himm­ler und Heyd­rich wenige Wochen vor der Konfe­renz gegen die Erschie­ßung von 7.000 Juden protes­tier­ten — natür­lich nicht aus Menschen­liebe, sondern weil die Aktion eigene Akti­vi­tä­ten der SS behin­der­ten. Um solche “Miss­ge­schi­cke” künf­tig zu vermei­den, wurde die Konfe­renz abge­hal­ten.

Das Haus, in dem die Konfe­renz 1942 statt­fand, wurde 1914 erbaut und beher­bergte zuerst den Fabri­kan­ten Ernst Marlier. Ab 1921 lebte hier der Unter­neh­mer Fried­rich Minoux, der enge Kontakte zu rechts­ra­di­ka­len Krei­sen in Poli­tik und Reichs­wehr unter­hielt und ihnen seine Villa auch für Tref­fen zur Verfü­gung stellte. Minoux selber war indi­rekt in poli­ti­sche Morde an Kommu­nis­ten verstrickt, zwei­fel­los war er einer der Wegbe­rei­ter des Faschis­mus. Das hinderte die neuen Macht­ha­ber aber nicht daran, ihn später wegen Betrugs anzu­kla­gen, 1940 musste Minoux die Villa verkau­fen. Neuer Haus­herr wurde die SS bzw. der Sicher­heits­dienst, der hier sein Gäste­haus einrich­tete. Entspre­chen­den auswär­ti­gen Gästen stand das Haus nun (“für 5,- RM pro Nacht”) samt allem Komforts zur Verfü­gung. Aber es beher­bergte auch schon vor 1940 SD-Einrich­tun­gen, so ab 1937 ein geheim­dienst­li­ches Insti­tut.
Gegen Ende des Krie­ges, als neben der Zentrale des Reichs­si­cher­heits-Haupt­am­tes auch fast die ganze Innen­stadt in Trüm­mern lag, wurden immer mehr Dienst­stel­len zum Wann­see verla­gert, die soge­nannte Kolo­nie Alsen von der Waffen-SS zur Festung ausge­baut.

Heute ist in der Villa die Gedenk- und Bildungs­stätte Haus der Wann­see-Konfe­renz unter­ge­bracht.

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11 Kommentare

  1. nicht zu verges­sen, dass die “Wann­see­villa” von 1952 bis 1988 als Schul­land­heim für Berlin Neuköll­ner Kinder genutzt wurde. Innen­stadt­kin­der aus dem Problem­be­zirk Neukölln konn­ten dort im Außen­be­zirk direkt am Wann­see ihre Klas­sen­fahr­ten verbrin­gen. Zu Guns­ten der Gedenk­stätte wurde dann das Schul­land­heim ausquar­tiert oder ganz geschlos­sen (weiß ich nicht mehr). Damals hatte Berlin West noch nicht wieder sein Umland, sodass es mit der Naherho­lung für die Schul­kin­der auf Klas­sen­fahr­ten schwie­rig war. Wie viele andere war ich damals sehr sauer über die Entschei­dung die Kinder auszu­quar­tie­ren und eine Gedenk­stätte aus der Wann­see­villa zu machen. Ich hätte mir eine Kombi­na­tion aus beidem sehr gut vorstel­len können.
    Aber natür­lich ist eine Gedenk­stätte wesend­lich ruhi­ger und pres­ti­ge­träch­ti­ger als lärmende Neuköll­ner Schul­kin­der

  2. …inzwi­schen habe ich heraus­ge­fun­den, dass das Schul­land­heim Neukölln damals wohl doch ein gleich­wer­ti­ges Grund­stück direkt am Wann­see zuge­teilt bekom­men hat.
    Aber eine Kombi­na­tion aus Gedenk­stätte UND Schul­land­heim hätte ich trotz­dem gut gefun­den.

  3. Ja, im Schul­land­heim am Wann­see war ich damals auch. Das war aber glaube ich gegen­über, neben dem Frei­bad.
    Aber ich kam ja auch aus Kreuz­berg, die hatten wohl andere Einrich­tun­gen.

  4. es gab (und gibt) noch das Schul­land­heim Wann­see, Am Sand­wer­der 11–13 (gegen­über Strand­bad) für Schö­ne­ber­ger und ich glaube auch Kreuz­ber­ger Schü­ler. (bin dort aufge­wach­sen, meine Eltern haben da gear­bei­tet.)

  5. Habe den Arti­kel gele­sen und muss leider etwas rich­tig stel­len: Auf der Wann­see-Konfe­renz wurde kein Beschluss gefasst, da die Endlö­sung bereits in vollem Gange war (z.B. Depor­ta­tion der Berli­ner Juden Ende 1941, also vor der Konfe­renz). Heyd­rich als Chef des Reichs­si­cher­heits­haupt­am­tes und Leiter der Wann­see-Konfe­renz hätte nicht die Zustim­mung der ande­ren anwe­sen­den 14 Minis­te­ri­el­len und SS-Leute benö­tigt um einen Beschluß zu fassen. Bei der Konfe­renz ging es viel­mehr um die admi­nis­tra­tive Umset­zung der Endlö­sung. Sorry, ich bin kein Besser­wis­ser, aber ich arbeite in der Gedenk­stätte.
    Übri­gens: Das Schul­land­heim musste nichts zwangs­weise auszie­hen.

  6. @ Michael:
    im 2. Absatz des Arti­kels wird doch mehr oder weni­ger das darge­stellt was Du in Deinem Kommen­tar berichtest…oder habe ich da wieder­mal was falsch verstan­den? (ist eine ernst­hafte Frage, da Poli­tik und Geschichte leider nicht meine Spezi­al­ge­biete sind)

  7. Nein, ist schon klar, nur im Haupt­ar­ti­kel zum Haus steht im zwei­ten Satz “…die Ausrot­tung … beschlos­sen wurde”. Es gab nie einen Beschluß zur Endlö­sung, weder von der SS noch von Hitler als Führer­er­lass. Das wird uns immer wieder von “Rech­ten” vorge­wor­fen, dass es keinen Beschluss gege­ben habe. Trotz­dem steht es immer wieder in Arti­keln oder Büchern.
    Das Schul­land­heim wurde dann auf Schwa­nen­wer­der eröff­net, da die Villa und der Garten inzwi­schen unter Denk­mal­schutz gestellt wurden und somit nicht mehr jugend­ge­recht umge­baut bzw. genutzt werden durf­ten (z. B. Sani­tär­be­reich, Frei­zeit­be­reich im Garten etc.).

  8. @ Michael:
    Danke für Deine Antwort.
    Durch den Link im Arti­kel bin ich immer­hin auch auf Eure Inter­net­seite gerutscht und kann dadurch einige meiner persön­li­chen, einsei­ti­gen, verbohr­ten Gefühle zu diesem Haus auflö­sen.
    @ Aro:
    Danke für den Arti­kel.

  9. @ Aro: Sorry, dies wird garan­tiert mein letz­ter Kommen­tar zu diesem Thema, verspro­chen! das eine muss ich aber noch loswer­den:
    @ Michael: Das Schul­land­heim Neukölln ist nicht nach Schwa­nen­wer­der umge­zo­gen, sondern nach-Am Sand­wer­der 37- in eine DENK­MAL­GE­SCHÜTZTE Villa! Wo es mindes­tens bis 2006 weiter betrie­ben wurde. (auf der Insel Schwa­nen­wer­der war/ist das Schul­land­heim für Tempel­hof), Am Sand­wer­der, ein paar Grund­stü­cke weiter, gibt es bis heute außer­dem ein zwei­tes Schul­land­heim (ehemals für Schö­ne­berg) in einem denk­mal­ge­schütz­tem Gebäude! Das alleine kann also nicht der Grund für die Umsie­de­lung gewe­sen sein.

  10. Ich muß ganz ehrlich sagen, mich hat — im Nach­hin­ein- der Besuch als “Klas­sen­fahrt­ler” der vier­ten Klasse als Schü­ler aus Berlin Neukölln (Martin-Lich­ten­stein-GS) sehr geprägt — aller­dings erst heute. Schon damals gab es zwar Schrift-/Bildt­ta­feln, aber für diese hat sich in unse­rem Alter damals kaum einer inter­es­siert. Meine prägends­ten Erleb­nisse dort waren damals eher folgende: ein Schü­ler wurde damals auf dem Garten­ge­lände der Villa von einem Golf­schlä­ger Ohnmäch­tig geschla­gen. Ein Surfer ertrank bei einem Unwet­ter. Und wir sahen Hilf­los zu. Und ich habe in einer Statue auf dem Grund­stücks­gar­ten (zum Wann­see raus) in einer “Blech­schub­lade” ein 10 Reich­pfen­nig­stück gefun­den. Das war beim “Rumzei­gen” natür­lich “verlo­ren” gegan­gen… Wer weiß, wer das einge­steckt hat ;). Zudem wurden mir meine Nike-Schuhe (Nagel­neu) von einem Schü­ler (mit Migra­ti­ons­hing­ter­grund) aus der sechs­ten Klasse entwen­det (Kurz­zei­tig) worden. Aber meine Klasse stand wie ein Mann hinter mir und bestä­tigte meine Besitz­an­sprü­che zu meinen Guns­ten, womit sie mir wieder über­eig­net worden (natür­lich mit entspre­chen­den Drohun­gen ;) ). Das war von damals auch das aufre­gendste, was ich zu berich­ten habe. HEUTE sieht das natür­lich anders aus! Mir gehen nach langem Inter­esse und unbän­di­ger Wiss­be­gierde Dinge, wie “wer stand damals auch auf dem Balkon, der zu unse­rem Zimmer gehörte”, oder “wer ging auch durch diesen Garten” durch den Kopf. Und “warum hat vorher niemals ein Mensch dieses Blech­schub­fach der Statue geöff­net — in all den Jahren!?”… Alles in Allem muß ich sagen, daß ich froh bin, an einem solchen Ort gewe­sen zu sein, der mich selbst knapp 30 Jahre und mehr noch prägt. Das ist schon was ande­res, als z.B. meine Klas­sen­reise nach Soltau in der 7. Klasse!

  11. Ich war 1956 mit der Schul­klasse in dieser Villa (der Deut­schen Schande) unsere (Nazi?) Lehrer haben uns nichts von der Geschichte erzählt.

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