Nicht wirklich unsichtbar

Auf meiner Tour durch Neukölln, kurz vor Mitter­nacht, fällt mir in einer Seiten­straße ein Mann auf. Dunkel, betont unauf­fäl­lig, als wenn es das normalste der Welt wäre, sich nachts in Haus­ein­gän­gen herum­zu­drü­cken. Sofort springt meine klein­bür­ger­li­che Warn­au­to­ma­tik an: Fins­te­rer Mann in der Nacht, das kann nichts Gutes bedeu­ten. Schräg gegen­über steht ein Haus­ein­gang offen, der Flur ist schwach beleuch­tet, aber immer­hin so gut, dass man darin einen Kinder­wa­gen erkennt.
Ist die Poli­zei wirk­lich so blöd, eine derma­ßen plumpe Falle zu stel­len? Ja, sie ist es. 50 Meter weiter parkt ein “unauf­fäl­li­ger” PKW, in dem zwei Männer sitzen und stur nach vorn schauen. Meine Fahr­gäs­tin fängt an zu lachen: “So werden sie den Brand­stif­ter nie finden, der hier in Haus­flu­ren Feuer legt.”
Als ich ein paar Minu­ten später den glei­chen Weg zurück fahre, sind sie alle noch da: Die Typen im Auto, der dunkle Mann, und der Haus­flur steht immer noch offen und leuch­tet vor sich hin.

Zwei Stun­den später in Moabit, auch hier wurden mehrere Brände gelegt. Nach dem Abstel­len des Taxis habe ich noch eini­ges an Heim­weg vor mir. Ein roter Kombi mit zwei Männern fährt an mir vorbei. Das Auto hat einen merk­wür­di­gen Aufbau und ist zu lang­sam für diese Uhrzeit. Als er mich das zweite Mal über­holt, ist deut­lich, dass auch dies Poli­zis­ten sind. Offen­bar ist ihnen nicht klar, wie auffäl­lig sie sind. Wenige Minu­ten später fährt er wieder an mir vorbei, ein Mann steigt aus und kommt mir betont unauf­fäl­lig entge­gen. Es fehlt nur noch dass er vor sich hin pfeift. Erst als er auf meiner Höhe ist, lässt er die Komö­die blei­ben, stellt sich als Poli­zist vor und verlangt, in meinen Ruck­sack schauen zu dürfen.
Ein alter VW-Bus, der eben­falls um die Blöcke streift, bleibt kurz stehen, ich sehe, wie der Beifah­rer einen Tele­fon­hö­rer in der Hand hält.
Wäre ich der Brand­stif­ter, ich würde mich bei so viel Unpro­fes­sio­na­li­tät beölen vor Lachen.

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2 Kommentare

  1. Ich vermute, “Derrick” oder “Poli­zei­ruf 110” werden zur Beam­ten­aus­bil­dung heran­ge­zo­gen. Sehr wahr­schein­lich ist auch, daß bei dem derzei­ti­gen Aufwind der “anti­au­to­ri­el­len Erzie­hung” auch Beamte sich selbst die Art und Weise ihrer Ermitt­lun­gen aussu­chen dürfen. Viel Erfolg!

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