Bis 1910 durfte die Geschwindigkeit der Kraftwagen in den Ortschaften die eines trabenden Pferdes nicht überschreiten. Dann wurde, “weil nun das hiesige Publikum an die schnellere Abwicklung des Fuhrwerksverkehr auf den Straßen gewöhnt und mit dessen Gefahren vertraut ist”, im Landespolizeibezirk Berlin die Höchstgeschwindigkeit auf 25 km/h heraufgesetzt. Exakt messen konnte die Geschwindigkeit allerdings weder der Chauffeur, noch die kontrollierende Polizei.
Aus dem Tagebuch eines Kaiserlichen Hofmarschalls:
“Die sogenannten ‘Autofallen’ in der Umgebung Berlins haben sich so bedrohlich vermehrt, dass das Generalsekretariat der Deutschen Autoliga beschlossen hat, gegen diesen amtlich beschönigten Unfug einzuschreiten. Ich bin, wie wohl jeder vernünftige Mensch, ein Gegner aller zwecklos übertriebenen Geschwindigkeit und aller wahnsinnigen Hetzjagden. Aber eine ebenso arge Übertreibung ist die Verfolgungssucht unserer Gendarmen. Vor kurzem erst hat der Generalsekretär der Deutschen Autoliga die Ortsaufnahme einer neuen Autofalle in Dahlwitz bei Berlin vornehmen lassen, die den Automobilisten schon ungeheuer viel Scherereien aller Art bereitet hat. Ein Köpenicker Gendarmeriesergeant hat da unter Assistenz eines Bürogehilfen seine Aufstellung, und zwar ist die Aufstellung derart, dass sie von den Fahrenden nicht bemerkt werden kann. Und nun schreibt der Mann fröhlich und unbekümmert auf, was seinem Gendarmeriewissen nicht vorschriftsmäßig erscheint. Dann hageln die Strafmandate — und Sträuben dagegen hilft nichts. Der Sergeant muss genau wissen, welche Fahrtgeschwindigkeit erlaubt ist; das nimmt er auf seinen Diensteid. Aber es ist trotzdem Unsinn. Namentlich in der Nacht kann er das unmöglich genau kontrollieren.”
Zobeltitz, 1910
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