Warum ein Junge bleibt

Sie treben, trei­ben, steh­len, fliehn
Und wollen mit den Vögeln ziehn
Verste­cken sich in den Kellern unse­rer Nacht
Die Mädels glei­chen Hunden und
Die Jungs manch­mal ihren Kunden
Auf der Platte haben sie sich fest­ge­macht

Ein leben­lan­ges Suchen auf der Straße
Und im letz­ten Dreck
Sie sind die Sonnen­kin­der ohne Licht
Und engels­gleich und kummer­voll
Verfolgt von altem Elterng­roll
Verbirgt der Hass ein jedes Kind­ge­sicht

Warum ein Junge bleibt
Warum er still steht
Wenn’s ihn weiter treibt
Warum er Fahne zeigt
Und von sich spricht

Warum ein Junge bleibt
Auch wenn’s ihn noch so sehr
Nach drau­ßen treibt
Warum er bleibt
Ich weiß es wirk­lich nicht

Viel­leicht suchen sie eine Hand
Kein Mutter­glück, kein Vater­land
Viel­leicht nur einen Plan, eine Vision
Ein echtes Wort und kein Gericht
’ne Zunge, die nicht doppelt spricht
Viel­leicht ’ne Zukunft und kein Tage­lohn

Viel­leicht sind sie gar nicht so schlecht
Und ihre Träume haben recht
Und wollen nur wie wir einfach nach Haus
Viel­leicht ist unsre Angst so groß
Ihre Armut wäre doch ein Floß
Und sie trügen uns ins weite Meer hinaus

Ich habe dich von fern gesehn
Deinen Palmen­hut, dein Augen­wehn
Ich hörte deine Lieder in der Nacht
Bin längst zu satt um dich zu still’n
Zu taub um dir noch zuzu­hörn
Doch hast du mich um meinen Schlaf gebracht

Ich schmeiß es hin, ich heb es auf
Ich nehm das Glück wieder in Kauf
Dein Fern­weh hat mir Leid gebracht
Und wenn wir dann am Hafen stehn
Und wieder nach der Insel sehn
Dann hab ich uns ein Feuer ange­facht

Klaus Hoff­mann

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