Bischofstraße

Die Umge­stal­tung Berlins zur auto­ge­rech­ten Stadt hat das Stra­ßen­netz im Westen wie im Osten der Stadt an manchen Stel­len extrem verän­dert. Dies gilt beson­ders für den Neuen Markt, den heute kaum noch jemand kennt. Er befand sich etwa an der Stelle des Neptun­brun­nens in Mitte, gegen­über des Roten Rathau­ses. Dort wurde das gesamte Stra­ßen­ras­ter zuguns­ten einer großen Fußgän­ger­zone zerstört, die bis dahin bestehen­den Stra­ßen sind in der Versen­kung verschwun­den.
Eine davon war die Bischofstraße. Sie war nicht lang, verlief nur rund 200 Meter von der Span­dauer Straße zur dama­li­gen Klos­ter­straße, etwa dort wo heute der Fern­seh­turm steht. Dessen Baustelle erkennt man auf dem Foto von 1965.
Die Bischofstraße exis­tierte mindes­tens von 1709 bis 1969, sie wurde also stolze 260 Jahre alt. In dieser Zeit war sie trotz des Namens, trotz der benach­bar­ten Mari­en­kir­che und trotz des nahen Grauen Klos­ters keine rein christ­li­che Straße. Aller­dings wurde sie gerne “Pfaf­fen­straße” genannt.

In den 28 Gebäu­den der Straße gab es Anfang des 19. Jahr­hun­dert drei jüdi­sche Privat­schu­len: Eine Talmud Thora-Schule, die Schule für Jungen und Mädchen von Moses Hirsch sowie die Knaben­schule von Abra­ham Offner. Auch zahl­rei­che jüdi­sche Firmen hatten in der Bischofstraße ihren Sitz. Darun­ter die Seiden­ma­nu­fak­tur von Isaak Bern­hard. Der spätere Philo­soph Moses Mendels­sohn war dort Buch­hal­ter, ab 1761 Geschäfts­füh­rer und später auch Teil­ha­ber der nun Bern­hard & Mendels­sohn genann­ten Manu­fak­tur. Nach dem Tod Mendels­sohn 1786 ging die Firma pleite.

Bis in die Nazi­zeit hinein exis­tier­ten in der Bischofstraße jüdi­sche Betriebe, vor allem aus der Textil­bran­che. 1935 stan­den 13 entspre­chende Firmen im Adress­buch: Freu­den­heim, Fried­län­der, Hirsch, Hirsch­feld, Kirsch­stein & Blumen­feld, Mosse, Lewin, Rotholz, Seiden­berg, Stern, Stern­berg & Salo­mon, Wahr­haf­tig und Weiß. Bald danach keine einzige mehr.
Eines der weni­gen Gebäude, die den Krieg über­lebt haben (im Foto zwischen Bischofstraße und Kirche), gehörte bis zur Enteig­nung 1940 dem jüdi­schen Kauf­mann Max Rosen­thal. Nach dem Krieg wurde das Gebäude der Evan­ge­li­schen Kirche über­ge­ben, hier bekam der NS-Wider­stands­pfar­rer Hein­rich Grüber sein Büro, das Haus wurde zum Gemein­de­zen­trum. Doch auch die neuen Macht­ha­ber moch­ten Grüber nicht. Nach dem Aufstand am 17. Juni 1953 und dem Tod des DDR-CDU-Chefs Otto Nuschke 1957 wurden die Repres­sa­lien immer stär­ker. Zehn Jahre später wurde das Gebäude im Zuge der Neuord­nung des Plat­zes abge­ris­sen.

Foto: Bundes­ar­chiv Bild 183-D0805-0006–005

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2 Kommentare

  1. Gutes Thema!

    Es wird und wurde ja im letzen Jahr eine Einwoh­ner­um­frage veran­stal­tet, wie der Alex neu gestal­tet werden könnte. Ich halte nicht so beson­ders viel von solchen Umfra­gen, da sich erfah­rungs­ge­mäß nur wenig bis gar nichts davon in der Reali­tät wieder findet.

    Trotz­dem hatte ich vorge­schla­gen rund um den Brun­nen bis zum Turm einen Park zu gestal­ten der den alte Stra­ßen­ver­lauf abbil­det und auch Schau­ta­feln aufzu­stel­len, um eben die von Dir erwähnte Geschichte zu erklä­ren. Das wäre eine gute Möglich­keit einen Ruhe­platz in Beton-Mitte mit der Histo­rie zu verbin­den und den Platz sinn­voll für Anwoh­ner UND Touris­ten nutz­bar zuma­chen. Ich bezweifle jedoch, dass meine Einlas­sun­gen auch nur ansatz­weise zur Ausfüh­rung kommen werden. Darin steckt einfach zu wenig kommer­zi­el­les Poten­tial und viel zu viel schlech­tes Gewis­sen.

    Zum den Thema Jüdi­scher Textil­bran­che und deren Enteig­nung gab es gerade im „Achtung Berlin“ Festi­val den Doku­men­tar­film von Dora Heinze: „Berlin – Haus­vog­tei­platz von 1994“. Eine Produk­tion des SFB! Dort wurde sehr klar beschrie­ben, wie es von Stat­ten ging die Jüdi­schen Geschäfts­leute zu vertrei­ben. Neben­bei sah ich auch einmal wieder, wie es so aussah in Ostber­lin um 1994. Ein doppel­tes Doku­ment!

    So wurden unsere beiden dunk­len Geschich­ten gleich zwei­mal profes­sio­nell ausge­löscht. Nur das Schloss muss natür­lich wieder her!

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