Aus der ganzen Bundesrepublik hat die rechtsextreme Partei AfD heute ihre Anhänger zur Demonstration angekarrt, teilweise wurde den Leuten sogar Geld dafür bezahlt. Mein Eindruck war, dass es nicht mehr als 2.000 Demoteilnehmer waren, die Polizei spricht von 5.000. Aber auch dies wäre für eine bundesweite Demonstration nicht wirklich machtvoll.
Die Gegendemos waren mit über 25.000 Personen allerdings sehr beeindruckend. Auf beiden Seiten des Hauptbahnhofs, an und auf der Spree, auf dem Bertolt-Brecht-Platz, auf dem Pariser Platz, in der Ebertstraße, vor dem Reichstag und im gesamten östlichen Tiergarten waren Massen von Menschen, die mit Musik und Parolen lautstark gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen protestierten.
Während der Demo und der Kundgebung am Brandenburger Tor schirmte die Polizei die AfD massiv ab. Als einmal mehrere Leute die Absperrungen durchbrachen und auf den Platz rennen wollten, ging die Polizei mit Pferden dazwischen. An der Ebertstraße ging die Polizei mit Pfefferspray gegen Antifa-Demonstranten vor, obwohl sie noch mehrere hundert Meter von der Kundgebung entfernt war. Auch in der Luisenstraße wurden Protestierer mit Pfefferspray attackiert. Schon am Mittag schützten die einen einzelnen Mann, der mitten im Hauptbahnhof antisemitische Plakate hochhielt. Erst als Passanten die Polizei darauf aufmerksam machten, wurde diese aktiv — indem sie diejenigen wegschickten, die sich beschwert hatten.
Nach dem Ende der rechten Demo gingen die Teilnehmer zum Bahnhof Friedrichstraße. Den Weg dorthin hatte die Polizei freigehalten, im Bahnhof aber stießen immer wieder Antifaschisten und Rechtsextremisten aufeinander. Mehrere Mitglieder der „Identitären Bewegung“, der jungen Nazi-Prügelgarde, von der sich die AfD angeblich distanziert, trat besonders aggressiv auf, ebenso Mitglieder der „Jungen Alternative“. Als mehrmals Antifaschisten die Absperrungen durchbrachen, ging die Polizei mit äußerster Härte gegen diese vor. Sie nahm eine Reihe von Anti-AfD-Protestierern fest, zog sie teilweise äußerst brutal über den Bahnsteig.
Trotzdem war der Tag als politisches Statement insgesamt erfolgreich. Sehr viele Menschen haben den Rassisten gezeigt, dass sie in Berlin unerwünscht sind. Und was die Erfahrungen mit der Polizei betrifft, ist sie nicht wirklich überraschend: Schon seit Jahren zeigen viele der Beamten ganz offen, dass sie mit den Rechtsextremen sympathisieren und das hat sich auch heute wieder gezeigt.
Bis in den frühen Abend hinein wurde dann auf der Straße des 17. Juni gefeiert. Love Parade statt Hassparolen.
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Zu den Prioritäten der Münchner Polizei:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/satire-polizei-ermittelt-weil-student-postillon-artikel-likt‑1.4126787
Wahrscheinlich gibt es in München zu wenig verfolgenswerte Rechte — aus Sicht der Polizei.Ich stelle mir das so ähnlich vor wie beim Immunsystem. Wenn es zu wenig echte Gegner gibt, gibt es eben Allergien…