Passanten in Lebensgefahr

Es kommt ja oft vor, dass ich mich über Taxi­kol­le­gen ärgere. Der Grund ist eigent­lich immer der glei­che: Rück­sichts­lo­ses, egois­ti­sches Verhal­ten im Stra­ßen­ver­kehr, meist um einen Fahr­gast zu ergat­tern, den sonst viel­leicht ein Kollege bekom­men hätte. Selten aber verhält sich ein Taxi­fah­rer derma­ßen krimi­nell, wie es vor eini­gen Tagen auf dem Pari­ser Platz gesche­hen ist. Mir liegen drei Augen­zeu­gen­be­richte vor, auf deren Aussa­gen dieser Text aufbaut. Zuvor zur Erin­ne­rung: Es handelt sich um einen Taxi­fah­rer, also einen Menschen, dem sich Perso­nen zur Beför­de­rung anver­trauen. Und: Der Pari­ser Platz ist um die Mittags­zeit meist sehr voll. Nicht umsonst herrscht hier ein Tempo­li­mit von 10 km/h. Schon im Normal­fall muss man dort mit einem Auto sehr vorsich­tig fahren, da prak­tisch stän­dig Touris­ten herum laufen.

Der Platz war voller Menschen, sie gingen auf den Gehwe­gen und auch auf der Fahr­bahn. Ein Taxi raste mit deut­lich über­höh­ter Geschwin­dig­keit im Zick­zack durch die Menschen­menge, von Unter den Linden kommend in Rich­tung Bran­den­bur­ger Tor.
Es sah aus, als würde ein Film gedreht, das kann nicht echt sein. Doch es war echt. Fußgän­ger muss­ten schnell auswei­chen und als das Taxi näher kam sah man, dass der Taxi­fah­rer wild und laut schimp­fend hinter einem Radfah­rer her jagte, den er augen­schein­lich umfah­ren wollte.
Sein Verhal­ten war nicht darauf ausge­rich­tet, den Radfah­rer zum Stehen zu brin­gen oder ihm den Weg abzu­schnei­den. Es sah so aus, als wolle er ihn einfach platt machen, also umfah­ren. Es wäre ihm auch fast gelun­gen, nur um Haares­breite konnte der Radfah­rer entkom­men.

Dann setzte der Taxi­fah­rer in Rich­tung der warten­den Rikschas zurück und wurde dort von mehre­ren Menschen auf seine Fahr­weise ange­spro­chen. Einen der Fahrer beschimpfte er mehr­fach als Arsch­loch. Als Recht­fer­ti­gung für sein Verhal­ten machte er geltend, dass der Radfah­rer sein Auto ange­spuckt hätte.

Kurz darauf kamen zwei Poli­zis­ten dazu und spra­chen mit den Zeugen. Das Gespräch wurde mit den Worten eröff­net, der Taxi­fah­rer sei “Opfer einer Straf­tat” und hätte “alles rich­tig gemacht”. Der Poli­zist sagte unter ande­rem, das Taxi sei beschä­digt worden, später benutzte er das Wort “kaputt”. Des weite­ren meinte er, natür­lich würde auch er diesen Straf­tä­ter (damit meinte er den Radfah­rer) fangen wollen.
Da es mehrere Zeugen dafür gibt, dass der Fahrer des Taxis in einer nicht hinnehm­ba­ren Art und Weise Leben und Unver­sehr­heit von mehre­ren Verkehrs­teil­neh­mern bewusst gefähr­det und darüber hinaus sehr aggres­sive Beschimp­fun­gen, Belei­di­gun­gen und Gewalt­an­dro­hun­gen ausge­spro­chen hat, ist es skan­da­lös, dass die hinzu gekom­me­nen Poli­zei­be­am­ten sich offen­bar ihre Meinung bereits im Gespräch mit dem Taxi­fah­rer gebil­det hatten, bevor sie auch nur einen der Zeugen befragt hatten.
Ein bespuck­tes Auto ist nicht kaputt und eine derar­tige Menschen­jagd ist nicht verhält­nis­mä­ßig. Ein Fahrer, der derart rück­sichts­los und gefähr­lich fährt, gehört nicht hinter das Steuer eines Taxis. Und Poli­zei­be­amte, die sich ihre Meinung schon vor der Zeugen­be­fra­gung gebil­det haben, soll­ten noch­mal einen Grund­kurs Poli­zei­ar­beit bele­gen.

Das Verhal­ten des Kolle­gen kann man nur als krimi­nell bezeich­nen. Das der Poli­zei ist aller­dings eben­falls unfass­bar. Erst nach Tagen wurde einem Zeugen zuge­sagt, dass man sich nun darum kümmern würde. Man kann nur froh sein, dass der Radfah­rer entkom­men ist. Und auch, dass der Rikscha­fah­rer von vielen Leuten umge­ben war. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre.
Es bleibt nur zu hoffen, dass der Täter möglichst bald aus dem Verkehr gezo­gen wird.

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1 Kommentar

  1. Na, wenn der sich schon so über ein biss­chen Spucke auf dem Auto aufregt, sollte er ganz vorsich­tig sein. Was passiert da erst, wenn die Fäka­lien einer Flug­ratte (ande­ren­orts auch “Taube” genannt” sein Auto­mo­bil verun­stal­ten? ;-)

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