07 • Einkäufe, Mahlzeiten

Wenn bei uns was gekauft wurde, abge­zahlt haben meine Eltern nie. Es wurde immer gespart, dann wurde was gekauft. Das wurde gemein­sam berat­schlagt. Vater kriegte ja nach­her Monats­lohn, und da wurde am ersten oder auch schon vorher berat­schlagt: Was ist nun fällig, was muss gekauft werden? Wer muss einen Mantel haben, wer muss ein Paar Schuhe haben, wer muss dies oder das oder jenes haben? Was ist davon vorran­gig, was wird zuerst gekauft? Das haben die Eltern gemacht, und wir Kinder haben unse­ren Senf dazu­ge­ge­ben, wir woll­ten ja auch gerne was haben. Haben natür­lich versucht, da ein biss­chen schnel­ler dran­zu­kom­men. Aber wenn es ein Paar Schuhe waren, die gar nicht mehr gingen, da waren die immer am vordring­lichs­ten. Wir haben das immer zusam­men bera­ten.

Da ging ich noch in die Schule, da hatte der Konsum sein erstes Waren­haus, ein klei­nes Waren­haus, gebaut, in Char­lot­ten­burg an der Rosi­nen­straße, Alt-Liet­zow. Das war früher mal ein Tanz­saal gewe­sen, den hatten sie umge­baut als Kauf­haus. Und da wir beim Konsum zu der Zeit drei Prozent Rabatt krieg­ten, haben meine Eltern natür­lich auch da gekauft, schon um die drei Prozent Rabatt auszu­nut­zen. Die wurden ja in Marken geklebt und Mutter hatte dann zu Weih­nach­ten immer so viele, dass sie für Weih­nach­ten für alle was kaufen konnte. Und das haben wir selten versäumt, da sind wir alle drei mitge­gan­gen. Da war nämlich eine schöne Kondi­to­rei, und da gab’s auch immer eine Tasse Kakao und Kuchen oder so was, das konn­ten wir uns aussu­chen. Das war immer der große Anreiz, dann mitzu­ge­hen. Obwohl wir bis hin immer gelau­fen sind, wir sind nie gefah­ren. Erst­mal bestand kaum eine Fahr­mög­lich­keit — wir sind dann über die Gotz­kow­sky­brü­cke, dann die Helm­holtz­straße und dann über die Dove­brü­cke und muss­ten vorne bis an die jetzige Otto-Suhr-Allee und wieder so um die Ecke rechts rum und dann noch mal rechts rum, man kam da so schlecht zwischen­durch, man musste da immer so um die Ecke laufen, um da hinzu­kom­men. Da sind wir immer mitge­gan­gen.

Mein Vater hat grund­sätz­lich kein Fahr­geld ausge­ge­ben. Meine Groß­el­tern wohn­ten in der Hussi­ten­straße auf dem Wedding, also Gesund­brun­nen, die Hussi­ten­straße ist die Rück­front von der AEG Brun­nen­straße, und wir sind nie gefah­ren, immer gelau­fen, eine Stunde, aber wir sind immer gelau­fen. Für fünf Leute Fahr­geld war eben viel. Im Sommer ging es ja, wenn es eini­ger­ma­ßen Wetter war, aber wenn schlech­tes Wetter war — und die ganze Quit­zow­straße hoch, bis oben und dann dahin­ten am Nord­ha­fen rum und Seller­straße dann an dem alten Gaswerk vorbei, das ist inzwi­schen abge­ris­sen worden, da hoch, dann, was heute die Sekto­ren­grenze ist, Wiesen- oder Liesen­straße, ja die Liesen­straße. Da sind die Fried­höfe alle lang an der Straße, wo genau die Sekto­ren­grenze ist, da sind wir dann immer lang gegan­gen.

Hilde­gard Schön­rock: Wir kamen gerade so hin
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