04 • Viel zum Anziehen gab’s nicht

Was gab’s damals! Wenn ich denke, was haben heute die Kinder alles! Schnee­ho­sen und lange Strumpf­ho­sen und weiß ich was. Das hatten wir doch alles gar nicht. Was hatten wir anzu­zie­hen? Das höchste waren ein Paar Woll­strümpfe, wenn es hoch kam, aber nicht mal einen Woll­schlüp­fer oder irgend sowas. Da hatten wir dann solche Trikot­schlüp­fer, so Baum­woll­tri­kot oder aus Stoff. Die Jungen genauso mit kurzen Hosen, und da guckte dazwi­schen noch ein Stück nack­tes Fleisch raus. Im Winter! Meine Schwes­ter sagte auch mal: Wenn ich daran denke, wie wir damals so rumge­lau­fen sind, also nein!

Als Mädchen trugen wir Röcke, Hosen gab’s gar nicht. Immer Röcke. Selbst die Jungen gingen immer mit kurzen Hosen. Lange Hosen krieg­ten sie viel­leicht, wenn es hoch kam, zur Einseg­nung denn. Dann hatten sie ein paar lange Hosen. Wenn sie raus­ge­wach­sen waren, dann gingen sie bis hier…

Auch so Pull­over und so was, even­tu­ell einen Schal und eine Pudel­mütze, das war dann schon viel. Aber so Pull­over und Strick­ja­cken, so Swea­ter sagte man, das gab es auch schon, aber das war meis­tens zu teuer, das konn­ten die Leute gar nicht kaufen. Zu der Zeit war es auch nicht Mode, man machte es auch nicht selber. Die Frauen strick­ten dann so Umschlag­tü­cher, die sie sich so umleg­ten, oder häkel­ten, und für die Kinder. Ich weiß noch, ich habe meinen ersten Pull­over, da kam das in Mode, so 1922/23, da fing es an so mit Häke­lei und Stri­cke­rei, da habe ich mir meinen ersten Pull­over dann schon selber gehä­kelt. Und dann ein paar Jahre später kam es auch erst auf, mal mit einer langen Hose zu gehen, dass man in einem Sport­ver­ein war oder so, dass es dann anfing mit den Trai­nings­an­zü­gen. Gab’ s doch vorher auch alles nicht. Das gab’s eben nicht!

Was hatten wir zum Turnen an? 1920, als wir in unsere andere Wohnung zogen, bin ich in den Turn­ver­ein gegan­gen, und da haben mir meine Eltern zu Weih­nach­ten, ich weiß noch ganz genau, Turn- und Sport­ver­ein “Fichte” hatte ein eige­nes Sport­haus hier in Berlin, und da haben mir meine Eltern zu Weih­nach­ten die erste Turn­hose und den ersten Swea­ter, so eine Art Turn­hemd mit halbem Ärmel, gekauft. Von da an hatte ich eben Turn­klei­dung.

Hilde­gard Schön­rock: Wir kamen gerade so hin
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